Der Bilanzskandal bei Wirecard entwickelt sich mehr und mehr zum Politikum. Neben der Frage, wie es überhaupt so weit kommen konnte, geht es inzwischen auch um die Verbindungen von Ex-Wirecard-Chef Markus Braun zur Bundesregierung – und die sollen offenbar geheim bleiben.
Wie unter anderem die Financial Times berichtet, hat der inzwischen zurückgetretene Vorstandschef im letzten Jahr mindestens zweimal mit Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, gesprochen. Worum es dabei ging, das will die Bundesregierung allerdings nicht verraten, wie aus der Antwort auf eine Bundestagsanfrage der Grünen und Linken hervorgeht.
„Verschluss-Sache“ Wirecard
Der Grund: Es bestünden „Geheimschutzinteressen“, zitiert die Süddeutsche Zeitung (SZ) aus der Antwort des Ministeriums vom 10. Juli. Das Ministerium kündigte dem Bundestag an, weitere Angaben zu dem Gespräch würden mit der Einstufung „VS-Vertraulich“ an die parlamentarische Geheimschutzstelle übersandt, heißt es in dem Bericht weiter.
Laut Website des Bundestags werden Dokumente als „VS-Vertraulich“ eingestuft, „deren Kenntnis durch Unbefugte den Interessen oder dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder abträglich oder für einen fremden Staat von Vorteil sein könnte.“
Die Bundesregierung will den Bundestag laut SZ „zügig und detailliert“ informieren. Man arbeite an einer „umfassenden Aufklärung und Analyse der Vorkommnisse rund um die Wirecard AG“. Grüne und Linke wollen notfalls auch einen Untersuchungsausschluss zur Aufklärung des Bilanz-Skandals anstreben.
Druck auf die BaFin wächst
Brisant: Jörg Kukies ist nicht nur Staatssekretär, sondern auch Verwaltungsratschef der Finanzaufsicht BaFin. Und die steht ohnehin in der Kritik, Warnsignale bei Wirecard viel zu lang ignoriert und dem Unternehmen mit dem zwischenzeitlichen Leerverkaufsverbot im vergangenen Jahr sogar aktiv geholfen zu haben, anstatt ihrer Kontrollfunktion nachzukommen.
Die „Bürgerbewegung Finanzwende“ fordert daher strukturelle und personelle Konsequenzen bei der BaFin (DER AKTIONÄR berichtete).
Die Trader stören solche Diskussionen nicht: Sie bescheren der Wirecard-Aktie zu Wochenbeginn ein Plus von rund vier Prozent, was für die Pole Position im starken DAX genügt. Langfristig orientierte Anleger sollten die Papiere des insolventen Zahlungsabwicklers aber weiterhin meiden.
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