Im Bilanzskandal bei Wirecard verdichten sich die Hinweise, dass es bei dem Unternehmen bereits seit Jahren nicht mit rechten Dingen zuging. Laut einem Medienbericht schrillten bei den großen US-Kreditkarten-Netzwerken Visa und Mastercard bereits vor über zehn Jahren die Alarmglocken.
Wegen falsch deklarierter Glücksspiel-Buchungen und auffällig hohen Raten bei Käufen mit gestohlenen Karten beziehungsweise Transaktionen, die rückgängig gemacht werden mussten, hat sich Wirecard bereits früh Ärger mit den Kreditkartenriesen Visa und Mastercard eingehandelt. Wie das Wall Street Journal (WSJ) unter Berufung auf Unternehmenskreise meldet, musste der Zahlungsabwickler deshalb bereits vor über zehn Jahren heftige Strafen von jeweils mehr als zehn Millionen Dollar an beide Partnerunternehmen zahlen.
Auch anschließend sei das Misstrauen gegenüber Wirecard groß gewesen. Führungskräfte von Visa seien laut WSJ-Informationen mindestens seit 2015 besorgt gewesen, dass der deutsche Partner zum Problem werden könnte. Wirecard sei aufgefordert worden, die Geschäftsbeziehungen zu Kunden aus riskanten oder fragwürdigen Geschäftsbereichen abzubrechen.
Speziell um Unternehmen aus den Bereichen Glücksspiel, Nahrungsergänzungsmittel und Pornografie machen viele Zahlungsabwickler lieber einen Bogen. Für Wirecard sollen jene Geschäfte allerdings sehr lukrativ gewesen sein: Laut dem Bericht hätten die zwielichtigen Kunden vielfach höhere Transaktionsgebühren bezahlt als üblich. Trotzdem hat Wirecard nach bisherigen Erkenntnissen im Kerngeschäft seit Jahren Verluste geschrieben.
Eine Meldung des Insolvenzverwalters über zahlreiche Interessenten am Kerngeschäft von Wirecard hatten der Aktie am Montag kräftige Kursgewinne von bis zu 68 Prozent beschert (DER AKTIONÄR berichtete). Zum Handelsschluss stand noch ein Plus von rund 15 Prozent an der Kurstafel.
Nach Einschätzung des AKTIONÄR sind hier jedoch überwiegend Zocker am Werk. Dass sich der Kurs noch einmal nachhaltig erholt, ist indes unwahrscheinlich.