Seit dem Einstieg der UniCredit bei der Commerzbank am 11. September hat die Aktie eine regelrechte Rally aufs Parkett gelegt. Doch jüngste Aussagen von UniCredit-Chef Andrea Orcel legen zumindest nahe, dass er es mit einer Übernahme nicht eilig hat. Sind die aktuellen Kurse nachhaltig?
Die Übernahmefantasie rund um die Commerzbank gibt es seit Jahren. Immer wieder war sie ein Kurstreiber, wenn Gerüchte ins Kraut schossen. Doch ein richtiger Turbo für die Aktie wurde das Thema erst seit letztem September, als eine Fusion mit UniCredit nur noch eine Frage der Zeit zu sein schien – nachdem die Italiener bei der Commerzbank eingestiegen waren.
Doch eine Übernahme, gerade im Bankensektor, ist komplex und langwierig. Zudem hat sich der Kurs seit dem Einstieg fast verdoppelt – und die Schmerzgrenze der UniCredit könnte erreicht sein, ab der ein kompletter Kauf nicht mehr rentabel wäre. Zumindest lassen sich so die jüngsten Äußerungen von Orcel interpretieren. Man könne sich bis 2027 Zeit lassen mit einer Entscheidung, wie man bei der Commerzbank weiter verfahren wolle.
Das wirft die Frage auf, was die Commerzbank-Aktionäre ohne die Übernahmefantasie zu erwarten haben. Ein Teil des Kursanstiegs seit letztem Herbst ist sicherlich auf die seitdem zweimal angepasste Strategie der Bank bis 2028 zurückzuführen. Denn unter dem Eindruck einer drohenden Übernahme hat sich das Management deutlich ehrgeizigere Ziele gesetzt.
Aktionäre profitieren davon direkt über höhere Ausschüttungen. So soll die Dividende für das abgelaufene Geschäftsjahr 0,65 Euro je Aktie betragen. Die Hauptversammlung muss dem noch zustimmen. Auf dem aktuellen Niveau entspräche das einer Dividendenrendite von 2,8 Prozent. Auch in den kommenden Jahren soll die Gewinnbeteiligung der Anteilseigner steigen.
Der Konsens erwartet für das Geschäftsjahr 2025 nun eine Dividende von 0,86 Euro je Aktie, was einer Rendite von 3,6 Prozent entsprechen würde. Bereits 2026 könnten dann mehr als fünf Prozent für Aktionäre drin sein – die Ausschüttung soll auf 1,23 Euro steigen. Eine wichtige Rolle sollen auch Aktienrückkäufe spielen. Im laufenden Jahr dürfte mehr als der Jahresgewinn in Summe ausgeschüttet werden. In den kommenden Jahren plant die Commerzbank, jeweils die kompletten Jahresüberschüsse über Dividenden und den Rückkauf eigener Anteile an die Aktionäre fließen zu lassen.
Die Aktie notiert so hoch wie seit 2011 nicht mehr. Wie hoch der Anteil der Übernahmefantasie durch die UniCredit daran ist, lässt sich nicht genau sagen. Die Anpassung der Strategie hat allerdings ebenfalls einen großen Anteil daran. Klappt es mit der Übernahme nicht, stehen die Chancen gut, dass die Commerzbank deutlich profitabler wird als bisher. Investierte bleiben an Bord, Neueinsteiger greifen an schwachen Tagen zu.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstand und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Commerzbank.