Auch wenn es zuletzt wieder etwas ruhiger wurde: Hitzige Diskussionen und markige Worte seitens der Politik über den geplanten Facebook-Coin Libra haben den Kryptomarkt in den letzten Wochen nicht kaltgelassen. Branchenkenner werten den ganzen Wirbel aber insgesamt positiv für Bitcoin und Co.
Für Changpeng Zhao steht viel auf dem Spiel: Der 42-Jährige ist Gründer und CEO von Binance, einer der größten Kryptobörsen der Welt. Doch die jüngste Krypto-Kritik von US-Präsident Donald Trump via Twitter macht ihm keine Angst, im Gegenteil: Selbst Trumps Vorwürfen, Bitcoin und Co seien „kein Geld“, sondern nur „heiße Luft“, kann Zhao noch etwas Gutes abgewinnen. „Trump hat bisher nichts Positives oder Negatives getan, sondern nur gesagt, dass er kein Fan ist. Die Tatsache, dass er darüber twittert und dass der Präsident der Vereinigten Staaten über Kryptowährungen spricht, ist eine gute Sache“, sagte er in einem Interview.
Knapp zehn Jahre, nachdem ein paar Nerds den Bitcoin erfunden haben, beschäftigt sich jetzt der mächtigste Mann der Welt damit. Zhao wertet das als Ritterschlag. Tatsächlich scheint die ganze Publicity in Folge der Trump-Tweets und der öffentlichen Auseinandersetzung mit dem Krypto-Projekt Libra von Facebook (siehe DER AKTIONÄR 30/2019) das Interesse an Kryptowährungen zwischenzeitlich angefacht zu haben. Gleichzeitig wachsen jedoch die Sorgen vor einer Überregulierung.
Keine Angst vor Verboten
Doch auch da bleibt Zhao gelassen: Wenn Trump den Besitz von Kryptowährungen in den USA verbieten würde, wäre das nach seinen Worten der „Worst Case“. Doch den Siegeszug der Kryptos könnte selbst das nicht aufhalten. Er gibt zu bedenken: „In den meisten Ländern, die den Bitcoin verboten haben, wollen ihn die Bürger nur umso mehr haben.“
Zudem haben die Diskussionen rund um die Anhörung von Facebook-Manager David Marcus bezüglich Libra vor dem US-Kongress ungeahnte Unterstützung für den Bitcoin in den Reihen der höchsten US-Politik offenbart. Für Aufsehen sorgte etwa der republikanische Abgeordnete Patrick McHenry. „Die Welt, die Satoshi Nakamoto, Autor des Bitcoin-Whitepapers, erdacht hat, hat eine unaufhaltsame Kraft.“ Und auf die Frage, ob die Regierung ein weiteres Erstarken der Kryptowährungen zulassen werde, antwortete er in einem Interview: „Ich glaube, es gibt keine Möglichkeit, den Bitcoin zu stoppen. Selbst die Chinesen mit ihrer Firewall und extremen Eingriffen in die Gesellschaft konnten den Bitcoin nicht töten.“ Sein Fazit: „Regierungen können die Innovation nicht aufhalten. Und diejenigen, die es versucht haben, sind bereits daran gescheitert.“
Der Abgeordnete Warren Davidson aus Ohio hat seine Ansicht zum Thema dagegen mit wesentlich weniger Worten zum Ausdruck gebracht: „Es gibt Bitcoin und es gibt Shitcoins“ – wobei er auch den geplanten Facebook-Coin ganz offensichtlich zu Letzteren zählt.
Insgesamt zeigte die Diskussion: Während die Unterstützung für den Bitcoin wächst, gibt es gegen die Pläne für eine Digitalwährung von Facebook teils massive Vorbehalte. Zwar gelobte David Marcus, den Coin erst nach Freigabe durch sämtliche Regulierungsbehörden auszugeben. Die Frage ist allerdings, was dann noch vom ursprünglichen Konzept übrigbleibt. Samson Mow von Blockstream prophezeit: eine etwas kompliziertere Version von Paypal. Besser wäre es seiner Ansicht nach, gleich auf den Bitcoin zu setzen.
Für Krypto-Investor Tim Draper stellen Libra und alle anderen Altcoins ohnehin nur einen Zwischenschritt dar, die den Übergang zum Bitcoin-Zeitalter erleichtern sollen.
Erste Wahl bei Krypto-Käufern
Diese Ansicht scheint auch die Mehrheit der Krypto-Investoren zu vertreten – für sie ist der Bitcoin die klare Nummer 1. Auch wenn sich der Kurs speziell in den letzten Tagen und Wochen wieder äußerst volatil präsentiert: Auf lange Sicht macht er seinem Ruf als digitale Leitwährung alle Ehre. Während der Krypto-Index CCi30 mit den 30 größten Kryptowährungen nach Marktkapitalisierung auf Sicht von zwölf Monaten rund acht Prozent im Minus notiert, hat der Bitcoin im selben Zeitraum satte 76 Prozent an Wert gewonnen. Im direkten Vergleich zu einigen Top-Coins wie Ethereum oder Bitcoin Cash ist die Outperformance noch frappierender.
Auch die Bitcoin-Dominanz, gemessen am prozentualen Anteil an der Marktkapitalisierung des gesamten Kryptomarkts, ist mit rund 69 Prozent auf dem höchsten Stand seit über zwei Jahren.
Nichts für schwache Nerven
DER AKTIONÄR bleibt bei seiner Einschätzung: Angesichts der großen Kursschwankungen finden kurzfristig vor allem Trader Gefallen am Bitcoin. Langfristig orientierte Krypto-Investoren brauchen dagegen starke Nerven, um sich vom täglichen Auf und Ab nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Positive Fundamentaldaten sprechen für eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung.
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die durch die durch die Publikation resultierende Kursentwicklung profitieren: Bitcoin.
Autor Nikolas Kessler hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die durch die durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Bitcoin.