Wurden die Erwartungen beim heutigen Prozessauftakt rund um den Steinhoff-Milliardenbetrug über- oder unterboten? Es kommt wohl auf die Perspektive an. Wer eine latent zynische Haltung hat, wenn es um Fälle von Wirtschaftskriminalität und deren Verfolgung geht, der darf sich jedenfalls bestätigt sehen.
Wie berichtet, sollte heute der einstige Steinhoff-Chef Markus Jooste, der sich wohl in Südafrika aufhält, zusammen mit einem Treuhänder heute in Oldenburg vor dem Landgericht stehen. Die Staatsanwaltschaft wirft dem ehemaligen Chef Anstiftung in fünf Fällen und dem Treuhänder Beihilfe in vier Fällen zur Bilanzmanipulation in Milliardenhöhe vor.
Zuvor war bereits in südafrikanischen Medien gemunkelt worden, dass Jooste wohl aufgrund von gewissen Pass-Problemen nicht erscheinen würde. Und tatsächlich fehlte der Ex-Steinhoff-Chef heute zum Prozessauftakt. Das Verfahren wird nun vorerst ausgesetzt. Gegen Jooste wird auch in Südafrika ermittelt. Sein deutscher Anwalt erklärte die heutige Abwesenheit Joostes damit, dass es seit 2017 eine Vereinbarung zwischen Jooste und der Justiz in Südafrika gebe, wonach Jooste das Land nicht verlassen dürfe.
Die deutsche Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl gegen Jooste beantragt. Begründung: Fluchtgefahr. Jooste wolle offenbar nicht an dem Prozess teilnehmen, sein Pass sei nicht eingezogen worden.
Verjährung und Mini-Strafe
Heute wurde auch klar: Drei von fünf Anklagepunkten gegen Jooste sind inzwischen verjährt. Damit geht es aber immer noch um Bilanzmanipulationen in Höhe von mehr als einer Milliarde Euro.
Ob Jooste am Ende in den Knast wandert? Abwarten. Zwar drohen laut einer Gerichtssprecherin Haftstrafen von zwei bis drei Jahren, aber der Mitangeklagte George Alan Evans, der heute tatsächlich vor Gericht erschienen war, hat auf Erinnerungslücken plädiert und sich mit dem Gericht bereits auf eine Strafe von 30.000 Euro geeinigt. Das berichtete die südafrikanische Nachrichtenseite News24 in ihrem Live-Ticker vom Gerichtsprozess.
Wenn die deutsche Justiz mit Jooste fertig ist, will sich Südafrika den ehemaligen Steinhoff-Chef vorknöpfen.
Deutsche Behörden ermitteln bereits seit rund acht Jahren im Fall Steinhoff.