Ob das Steinhoff-Management damit gerechnet hatte? Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), die sich einen signifikanten Batzen an Stimmrechten gesichert hatte, dominierte heute die Hauptversammlung der von einem Milliarden-Bilanzskandal schwer erschütterten Retail-Holdinggesellschaft. Bei den entscheidenden Punkten war es nicht mal besonders knapp.
Die SDK konnte sich bereits im Vorfeld, wie berichtet, mehr als 22 Prozent aller Stimmrechte sichern. Angesichts dessen hatte DER AKTIONÄR prognostiziert: „Da erfahrungsgemäß ein Teil der verbleibenden Stimmrechte nicht aktiv genutzt wird und zudem weitere Anleger gegen den Vorschlag stimmen dürften, könnte es für die Gläubiger eng werden, die einfache Mehrheit der Stimmen für den eigentlich nur für sie vorteilhaften Quasi-Enteignungsvorschlag zu bekommen.“
Tatsächlich wurde heute bei der Hauptversammlung in Amsterdam schnell deutlich: Da längst nicht alle Aktieninhaber ihre Stimmrechte nutzten, hatte die SdK eine einfache Mehrheit sicher. Dementsprechend wurden tatsächlich sämtliche Punkte, die zur Abstimmung standen, abgelehnt (siehe weiterführende Beiträge am Artikel-Ende). Da auch noch weitere Aktionäre gegen die Vorschläge stimmten, wurde unter anderem die Quasi-Enteignung letztendlich mit mehr als 60 Prozent der abgegebenen Stimmen abgeschmettert.
Außerdem wurde das Steinhoff-Team um CEO Louis du Preez (Archiv-Foto oben) erwartungsgemäß mit Fragen und Vorwürfen der Anlegerschützer überhäuft, was – ebenfalls erwartungsgemäß – im Endeffekt kaum neue Erkenntnisse brachte und womöglich hauptsächlich Vorgeplänkel war für das, was nun noch kommen mag. Von Steinhoffs Seite wurde noch mal betont, dass Steinhoff überschuldet ist und eine Liquidation aller Vermögenswerte voraussichtlich nicht reichen werde, um alle Schulden zu bedienen. Demnach würden die Steinhoff-Aktionäre am Ende leer ausgehen. Die Alternative, gegen die heute gestimmt wurde, war aber, wie berichtet, ebenfalls nicht wirklich besser.
Es war eine der kuriosesten Hauptversammlungen der Börsengeschichte. Nun bleibt abzuwarten, ob die Gläubiger ihr Angebot an die Aktionäre nachbessern. Wahrscheinlich erscheint momentan die Einleitung eines Insolvenzverfahrens. Außerdem könnte der Konflikt zwischen den Interessen der Aktionäre und Gläubiger vor Gericht geklärt werden. Die SdK wird womöglich eine Sonderprüfung bei Steinhoff durchsetzen. Von der Seitenlinie betrachtet, bleibt es also unterhaltsam. Ob der Teilerfolg der SdK letztendlich etwas wert sein wird, wird sich erst irgendwann in der Zukunft zeigen. Das Totalverlustrisiko bleibt enorm. Beim Kurs der Steinhoff-Aktie tut sich unterdessen nicht mehr als die übliche Volatilität auf Pennystock-Niveau (Schwankungen um mehr als zehn Prozent sind normal, mehr dazu ebenfalls in den weiterführenden Beiträgen weiter unten).