Die Ungereimtheiten in der Bilanz von Wirecard ließen nicht nur den Aktienkurs innerhalb von wenigen Tagen um bis zu 80 Prozent einbrechen, sondern könnten sogar den Fortbestand des Unternehmens gefährden – nämlich dann, wenn Banken jetzt mangels testierter Jahresbilanz die Kredite kündigen. Davor hatte Wirecard in der brisanten Ad-hoc-Meldung am Mittwoch gewarnt.
Inzwischen scheint sich die Lage jedoch etwas zu entspannen: Wie die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung unter Berufung auf einen Insider aus dem kreditgebenden Konsortium berichtet, wollen die Banken das Unternehmen nicht fallen lassen. „Keiner hat ein Interesse daran, den Kredit zu kündigen“, hieß es demnach am Samstag aus einem der beteiligten Geldhäuser. „Alle wollen jetzt das Ding kurzfristig stabilisieren.“
Die Banken könnten den Verzicht auf ihr Kündigungsrecht nach Informationen der Nachrichtenagentur Bloomberg jedoch an Bedingungen knüpfen. Als mögliche Maßnahmen stünden demnach ein externes Monitoring und höhere Transparenz-Standards im Raum.
Aus dem Umfeld von Wirecard hieß es dem Bericht zufolge, man hoffe auf eine Einigung bis Ende kommender Woche. Bereits am Freitag bestätigte Wirecard „konstruktive Gespräche“ mit den kreditgebenden Instituten hinsichtlich der Fortführung der Kreditlinien und der weiteren Geschäftsbeziehung.
Übernahme- und Restrukturierungsexperte soll helfen
Am Freitagabend wurde zudem bekannt, dass der in Schieflage geratene Zahlungsabwickler die Investmentbank Houlihan Lokey zur Unterstützung angeheuert hat. Gemeinsam wolle man „einen Plan zur nachhaltigen Finanzierungsstrategie des Unternehmens entwickeln“, hieß es in einer Mitteilung des Unternehmens.
Houlihan Lokey gilt als Spezialist für schwierige Restrukturierungen und Insolvenzfälle, der schon in Sachen Enron, Lehman Brothers und Steinhoff aktiv war. Ein weiteres Spezialgebiet der US-Investmentbank sind Übernahmen. Es ist ein Indiz dafür, wie ernst die Lage bei Wirecard inzwischen ist.
Hinweise auf Betrug verdichten sich
Die Aussicht auf eine Einigung mit den Banken ist nach all den Hiobsbotschaften der vergangenen Tage ein Lichtblick. Der Verbleib der fehlenden 1,9 Milliarden Euro ist aber nach wie vor ungeklärt. Die Gelder, die dem DAX -Konzern in der Bilanz fehlen, liegen offenbar nicht auf den Philippinen, wie der Präsident der Zentralbank in Manila am Sonntag mitteilte. Damit verdichten sich die Zeichen für einen Milliardenbetrug.
Mit Material von dpa-AFX.