Infolge des Bilanzskandals hat Wirecard in der Vorwoche Insolvenz angemeldet. Jetzt hat sich Insolvenzverwalter Michael Jaffé geäußert: Er geht davon aus, dass der Zahlungsabwickler zerschlagen wird. Der Wirecard-Aufsichtsrat hat derweil den früheren CEO Markus Braun entlassen.
„Es haben sich bereits eine Vielzahl von Investoren aus aller Welt gemeldet, die Interesse am Erwerb des Kerngeschäfts (oder) der davon unabhängigen und eigenständig erfolgreich am Markt agierenden Geschäftsbereiche haben“, teilte Jaffé am Dienstagabend nach einer Sitzung des Gläubigerausschusses mit. Dazu gehören Insidern zufolge Finanzinvestoren, aber auch Rivalen wie die französische Worldline.
Die Gläubiger hätten bereits grünes Licht für die Mandatierung von spezialisierten Investmentbanken gegeben, die sich um den Verkauf der einzelnen Firmenteile kümmern sollen, erklärte der Insolvenzverwalter. Die US-Tochter Wirecard North America hatte sich bereits am Dienstag selbst zum Verkauf gestellt – und dabei die weitgehende Unabhängigkeit vom skandalumwitterten Mutterkonzern betont (DER AKTIONÄR berichtete).
Die Kreditgeber hoffen offenbar darauf, zumindest einen Teil des Geldes wiederzusehen, dass sie dem Unternehmen geliehen haben. Denn die Verkaufserlöse kämen den Gläubigern der Wirecard AG zugute. Fraglich ist allerdings, wie viel potenzielle Käufer angesichts der misslichen Lage zu zahlen bereit sind.
Nach dem Skandal um Luftbuchen im Asien-Geschäft werden Interessenten zudem ganz genau hinschauen müssen, ob nicht auch in anderen Geschäftsbereichen noch böse Überraschungen warten. Nach Einschätzung des AKTIONÄR gilt dies insbesondere auch für die Wirecard Bank.
Vertrag mit Ex-CEO Braun gekündigt
Wirecard selbst hat derweil am Dienstagabend mitgeteilt, dass der Aufsichtsrat den Anstellungsvertrag des früheren Vorstandschefs Markus Braun „mit sofortiger Wirkung (…) außerordentlich gekündigt“ hat.
Der langjährige Unternehmenschef war bereits am 19. Juni als Mitglied des Vorstands zurückgetreten und wenige Tage später festgenommen worden. Während Braun gegen Zahlung von fünf Millionen Euro Kaution auf freien Fuß kam, gilt sein Vorstandskollege Jan Marsalek nach wie vor als untergetaucht.
Reines Zocker-Papier
Bei der Wirecard-Aktie sorgen Spekulanten für enorme Kurskapriolen. Alleine am gestrigen Dienstag war der Kurs in der Spitze auf mehr als neun Euro geklettert, bis zum Handelsschluss aber wieder auf 5,73 Euro zurückgekommen. DER AKTIONÄR rechnet auch weiterhin mit extremen Kursbewegungen in beide Richtungen.