An der Wirecard-Aktie haben in den letzten Wochen vor allem Leerverkäufer Freude gehabt: Seit Ende April ist der Kurs im Tief um rund 40 Prozent eingeknickt und notiert aktuell nur knapp über dem Krisentief von rund 80 Euro. Die Finanzaufsicht BaFin sieht diesbezüglich aber keinen Handlungsbedarf.
„Wir planen aktuell kein Leerverkaufsverbot bei Wirecard“, sagte eine BaFin-Sprecherin am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. „Hohe Netto-Leerverkaufspositionen allein sind kein Grund dafür.“ Anfang 2019 hatte die BaFin Wetten auf Kursverluste der Wirecard-Aktien für zwei Monate verboten - und sich damit viel Kritik eingehandelt.
Der Behörde wurde unter anderem vorgeworfen, sie schlage sich einseitig auf die Seite des Unternehmens. Die BaFin verteidigt ihr Vorgehen. Sie habe Hinweise auf Marktmanipulation gesehen und hätte dagegen vorgehen müssen, damit das Vertrauen in die Finanzmärkte nicht erschüttert wird.
Wirecard sieht sich seit Jahren immer wieder mit Vorwürfen der falschen Bilanzierung vor allem bei Auslandstöchtern konfrontiert. Um diese aus der Welt zu schaffen, hatte der Aufsichtsrat des Zahlungsdienstleisters im Herbst eine Sonderprüfung durch KPMG in Auftrag gegeben. Die Prüfer konnten allerdings nicht alle Vorwürfe entkräften, zudem warfen sie dem Wirecard-Management Versäumnisse bei internen Kontrollen vor.
Shortseller aktiver denn je
Daten aus dem Bundesanzeiger offenbaren, dass die ohnehin vergleichsweise hohen Netto-Leerverkaufspositionen in der Wirecard-Aktie seit Ende April deutlich gestiegen sind und inzwischen bei über zehn Prozent liegen. Da dort allerdings nur Positionen oberhalb der Offenlegungsschwelle von 0,5 Prozent einsehbar sind, dürfte es sich nur um die Spitze des Eisbergs handeln.
#Wirecard WDI GR short int is $2.84BN; 30.12MM shs shorted; 26.22% of float; 5.00% fee & rising.Shs shorted up +4.17MM shs,+16.05%,over last 30 days as price fell -23.7% & up 159K shs,+0.5%,last week. Shorts up +$647MM in 2020 mark-to-market profits; +$27MM on today's -0.95% move pic.twitter.com/AwaiWvnh3i
— Ihor Dusaniwsky (@ihors3) May 13, 2020
Nach Berechnungen des US-Datenanbieters S3 Partners waren am 13. Mai über 26 Prozent des Free-Floats bei Wirecard leerverkauft – ein erneuter Anstieg im Vergleich zu Ende April. Die Shortseller gehen offenbar davon aus, dass auch auf dem aktuellen Niveau noch nicht alles Negative eingepreist ist und wetten auf weiter fallende Kurse bei Wirecard.
Wirecard kommt seit Monaten nicht zur Ruhe, stattdessen tauchen immer neue Fragen auf. Das spiegelt sich auch im Aktienkurs, wo eine spürbare Erholung nach wie vor auf sich warten lässt. DER AKTIONÄR zieht daher die Notbremse und streicht die Aktie von der Empfehlungsliste – mehr dazu in der aktuellen Ausgabe (21/2020).