Das monatelange Gezerre um die Freigabe wichtiger Online-Games hat bei Tencent Spuren in der Bilanz hinterlassen und zu schwachen Q4-Zahlen geführt. Die Aktie verliert aktuell rund drei Prozent. Ist das Schlimmste überstanden? Vielleicht nicht, denn die Spiele sind offenbar gar nicht das Problem.
Auf Tradegate notiert Tencent derzeit bei 39,85 Euro und damit 3,2 Prozent tiefer als am Vortag. In Hongkong hatte der Titel im Vorfeld der Q4-Veröffentlichung rund 1,5 Prozent an Wert eingebüßt.
Die Vorsicht der Anleger hat sich ausgezahlt, denn mit den Q4-Ergebnissen verfehlte der Konzern die Erwartung der Analysten deutlich. DER AKTIONÄR hatte am 18.3. vor einer möglichen Enttäuschung gewarnt und Gewinnmitnahmen empfohlen.
Wie sich herausstellt, war unsere Einschätzung richtig.
Tencent meldete für Q4 trotz leicht auf 12,7 Milliarden Dollar gestiegener Umsätze einen Gewinneinbruch von 32 Prozent auf 2,1 Milliarden Dollar und verfehlte damit die Schätzungen der Analysten um gut 15 Prozent.
Quelle: Bloomberg
Für die Gaming-Sparte weisen die Chinesen einen Umsatz von 2,8 Milliarden Dollar aus, was aus zwei Gründen gar nicht einmal so schlecht ist, denn a) ist Q4 ohnehin nicht das stärkste Quartal was die Sparte betrifft und b) ist Tencents Pipeline für das Frühjahr gut gefüllt.
"Gar nicht mal so schlecht" heißt aber keineswegs gut. Für seine beiden Mega-Kracher PlayerUnknown's Battleground und Fortnite gibt es bislang von Chinas Zensur keine Freigabe und damit für Tencent keine Möglichkeit der Monetarisierung. Der Dauerbrenner Honour of Kings hingegen verliert an Dynamik. Zuletzt sank die Zahl der DAUs auf 68 Millionen (gut, andere Anbieter würden für solche Nutzerzahlen töten).
Sollte Tencent seine neuen Games planmäßig veröffentlichen, könnte sich das Mobile-Gaming-Geschäft ab der zweiten Jahreshälfte deutlich erholen.
Das andere Problem scheint nicht so leicht zu lösen: die explodierenden Kosten. Offenbar macht sich Pony Ma Sorgen um das zukünftige Wachstum und will mit massiven Investitionen in die Cloud und Payment-Dienste - allen voran WeChat Pay - gegensteuern. Zusätzliche Kosten erfordert der Ausbau des Unterhaltungsangebotes wie Video und Musik.
Die Ausgaben stiegen in den letzten drei Monaten 2018 gegenüber dem Vorjahr um satte 43 Prozent und Anleger und Analysten dürften sich Gedanken machen, wie lange der Investitionszyklus anhält.
DER AKTIONÄR meint: Die Mitnahme von Teilgewinnen war genau die richtige Entscheidung. Langfristig wird Tencent von den Investitionen profitieren, doch kurzfristig könnten niedrigere Margen die Kursentwicklung belasten. Anleger sollten an der verbliebenen Position festhalten und auf eine günstige Gelegenheit warten, um die Position aufzustocken.