Der Aktienkurs der Krisenbank Wells Fargo hat seit November letzten Jahres ordentlich aufgedreht. In der Spitze legte der Kurs bis zum Januar fast siebzig Prozent zu. Dann startete eine Konsolidierungsphase. Die große Frage ist, ob die Bank den Turnaround schafft. Für risikobewusste Anleger ergeben sich deshalb aber große Chancen.
Die Corona-Pandemie war seit der Finanzkrise 2008 der erste richtige Test für das US-Bankensystem. Bis jetzt gab es keine negativen Auffälligkeiten. Wells Fargo konnte allerdings auf die wirtschaftlichen Verwerfungen nicht so flexibel reagieren wie Konkurrenten. Denn die Bilanzsumme der Bank ist bei zwei Billionen Dollar eingefroren, was eine Bürde aus dem Fake-Konten-Skandal von 2016 ist. Die Chancen stehen aber gut, dass diese Schranke im laufenden Jahr aufgehoben wird.
Biden ist auf Banken angewiesen
Somit ist das Kreditwachstum bisher gebremst gewesen, aber genau das könnte durch die Decke gehen, wenn es ab dem Frühjahr in den USA zu einem Aufschwung kommt. Wells Fargo ist einer der größten Kreditgeber des Landes und die Regierung ist auf die Banken bei der Konjunkturbelebung angewiesen. Ohne Kreditwachstum gibt es auch kein Wirtschaftswachstum. Daher stehen die Chancen gut, dass Wells Fargo bald wieder ohne Beschränkungen arbeiten kann.
Gute Kreditqualität
Die Bank konnte an der Kreditfront die Folgen der Pandemie bisher gut managen. So wurden im dritten Quartal nur 0,26 Prozent aller Darlehen abgeschrieben. Insgesamt hat das Finanzinstitut fast 20 Milliarden Dollar für mögliche Ausfälle zurückgestellt. Kommt der Aufschwung, dann könnte die Risikovorsorge abgebaut werden und ein Teil an die Aktionäre fließen.
Dividende könnte steigen
Unabhängig von den Rückstellungen für notleidende Kredite hat Wells Fargo fast 30 Milliarden Dollar Überschusskapital. Das ist die Differenz zwischen dem Eigenkapital der Bank und dem, was die Finanzaufsicht als Mindestausstattung vorschreibt. Aktuell beläuft sich die Dividendenrendite auf 2,4 Prozent. Bald werden die Restriktionen der Fed sicherlich gelockert und es kann mehr an die Anteilseigener ausgeschüttet werden. Aufgrund der Kapitalpolster und der quartalsweisen Zahlungen könnte das schnell gehen.
Höhere Bewertung kein Hindernis
Die Aktie ist mit einem 2021er-KGV von 14 deutlich höher bewertet als Konkurrenten wie die Bank of America oder JPMorgan. Diese Wertpapiere weisen einstellige KGVs auf. Das Potenzial, auch beim Gewinnwachstum, ist bei Wells Fargo allerdings größer. Gerade wird über ein Sanierungsprogramm diskutiert, das Synergien heben könnte. Die meisten anderen Banken haben die Sparprogramme schon hinter sich.
Der Widerstand bei 33,72 Dollar wartet als nächstes auf dem Weg zum Jahreshoch bei 35,10 Dollar. Der Aufwärtstrend seit November ist voll intakt. Neue Meldungen zum geplanten Konjunkturpaket in den USA oder zur Aufhebung von regulatorischen Beschränken sollten dem Kurs in den kommenden Wochen Rückenwind geben. Mutige Anleger greifen bei dem Zykliker zu und beachten den Stopp bei 18,00 Euro. Das Ziel beträgt 35,00 Euro.