Es gibt keinen klaren Sieger – für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan geht es in die Stichwahl. Das lässt den türkischen Finanzmarkt erzittern. Unsicherheit ist bekanntlich an der Börse ziemlich unbeliebt, und nun dürfte es erst einmal eine Hängepartie geben, bis klar ist, wie es mit der Politik in der Türkei und damit auch der Lira weitergeht.
Gegenüber Freitag ist der türkische Leitindex ISE 100 heute zunächst rund sieben Prozent ins Minus gerutscht. Vom Tief gab es eine Erholungsbewegung von vier Prozentpunkten, bevor der Index am Nachmittag doch wieder abkippte und zuletzt fast auf Tagestief angelangt war. Vor allem der Finanzsektor steht unter Druck.
Der Dollar legt unterdessen gegen die Lira weiter zu, allerdings nur leicht. Dass sich die türkische Währung zumindest am Morgen zunächst relativ stabil zeigte, erklärt Sandra Striffler von der DZ Bank unter Berufung auf Insider mit Stützkäufen. Demnach sollen türkische Kreditinstitute Dollar verkauft haben, um die eigene Währung zu stabilisieren. „Ungeachtet möglicher staatlicher Stabilisierungsbemühungen dürfte sich die türkische Lira unserer Ansicht nach jedoch der bestehenden politischen Unsicherheit letztendlich nicht entziehen können, sodass zunächst weiter ihre Abwärtsrisiken die Oberhand behalten sollten“, schreibt Striffler. Auch Bloomberg berichtete unter Berufung auf Insider über Stützkäufe.
Investoren dürfen überrascht über den Wahlausgang sein, da in Umfragen zuletzt die Opposition leicht vorn lag. Nach derzeitigem Stand kommt es in der Türkei zu einer Stichwahl am 28. Mai. Erdoğan lag zuletzt wenige Prozentpunkte vor Herausforderer Kemal Kilicdaroglu, aber extrem nah an der 50-Prozent-Marke.
Kilicdaroglu hatte versprochen, die sehr hohe Inflation in der Türkei zu bekämpfen und stand für eine Annäherung an die Europäische Union. Nun sieht es aber so aus, als könnte sich in der Türkei eine Mehrheit finden, die für eine Fortsetzung der Wirtschafts- und Finanzpolitik stimmt, die zu einer weiteren Entwertung der Lira führen dürfte.