Konjunkturängste und Probleme mit den Zulieferern ließen die Aktie von Wacker Neuson 2018 tief fallen. Diese Übertreibung bietet nun eine ausgezeichnete Einstiegsgelegenheit. Denn die Lieferkette wurde optimiert und tiefgreifende Einschläge an der Konjunkturfront dürften ausbleiben. Mit dem Sprung über die 20-Euro-Marke würde der Startschuss für eine neue Aufwärtsbewegung fallen.
Ein Blick auf den Chart lässt eigentlich andere Schlüsse zu. Doch aus operativer Sicht dürfte 2018 ein erneutes Rekordjahr für Wacker Neuson gewesen sein. Trotzdem hat der Hersteller von Baugeräten und Kompaktmaschinen seinen Börsenwert in den vergangenen zwölf Monaten halbiert. Klarer Fall von Übertreibung!
Selbst wenn die Münchner nur das untere Ende ihrer Prognosen erreichen, dürfte ein EBIT von 150 Millionen Euro und damit der höchste Wert in der Firmengeschichte zu Buche stehen. Vorstand Martin Lehner rechnet für das Gesamtjahr mit einem Umsatzplus von acht bis elf Prozent – also mit Erlösen zwischen 1,65 Milliarden und 1,7 Milliarden – und einer EBIT-Marge von neun bis zehn Prozent. DER AKTIONÄR erwartet sogar noch einen Schnaps mehr. Zudem dürfte sich der positive Trend aus heutiger Sicht im laufenden Jahr fortsetzen.
Wo liegen also die Gründe für den Kursrutsch? Zum einen ist da natürlich die Angst vor einer sich deutlich abkühlenden Weltwirtschaft. Doch es gibt auch hausgemachte Belastungsfaktoren: „Das abgelaufene Jahr startete stark, wurde aber im Verlauf durch Einschränkungen in der Lieferkette behindert“, sagt Marc Gabriel vom Bankhaus Lampe. Neben internen Problemen bei einem Zulieferer sorgte eine extrem hohe Nachfrage für Engpässe bei der fristgerechten Versorgung mit den notwendigen Bauteilen. Ein Grund dafür war unter anderem die Einführung der neuen Emissionsrichtlinie EU Stufe V für mobile Arbeitsmaschinen zum Jahresstart 2019, welche in den letzten Monaten eine große Zahl an Vorkäufen seitens der Maschinenhersteller mit sich brachte.
Bessere Versorgung
Die angespannte Situation der Lieferkette ist die Gesellschaft aber aktiv angegangen. „Wir haben frühzeitig Vereinbarungen getroffen, um die Verfügbarkeit für die benötigten Teile im Jahr 2019 sicherzustellen. Entsprechende Rahmenverträge wurden unterzeichnet“, sagt Martin Lehner im Gespräch mit dem AKTIONÄR. „Zudem wurden weitere Zulieferer mit ins Boot geholt, die Zuliefererbasis somit verbreitert. Wir sehen daher schon jetzt eine Verbesserung der Materialversorgung und sind zuversichtlich, dass die Probleme wie im Jahr 2018 nicht mehr in dieser Form auftreten werden“, führt der Firmenlenker aus.
Die Optimierung der Lieferkette war notwendig, um Engpässe wie im Vorjahr, die zu deutlich höheren Kosten führten, zu vermeiden. Auf erhöhte Materialpreise, Personal- und Transportaufwendungen, die entstanden, um die Maschinen komplett fertigzustellen, haben die Münchner mit Verbesserungen der internen Strukturen und Prozesse ebenfalls reagiert.
Weiter in der Spur
Der Vorstand sieht die Gesellschaft daher auch im laufenden Jahr auf Wachstumskurs. „Mit der aktuell guten Situation in der internationalen Bau- und Landwirtschaft sind unsere wichtigsten Zielmärkte weiter intakt, unsere Auftragsbücher sind gut gefüllt“, so Lehner. „Auch unsere Kunden sind über die nächsten Monate gut ausgelastet.“
Wichtige Internationalisierung
Das größte Wachstumspotenzial liegt aber in den USA und in Asien. „Beide Märkte sind immer noch stark auf große und schwere Baumaschinen fokussiert, während die Urbanisierung zunehmend dazu führt, dass Reparaturen in den Städten mit kompakten Baumaschinen ausgeführt werden. Das ist die Nische, in der Wacker Neuson Chancen hat“, ist sich Lampe-Analyst Gabriel sicher.
Im Rahmen der internationalen Expansion hat die Gesellschaft in den USA bei der Produktion in den letzten zwei Jahren einiges Lehrgeld gezahlt. „Diese Probleme dürften inzwischen aber abgestellt sein“, so Gabriel. Das Geschäft wurde umstrukturiert. Im Zuge der Optimierung von Werkskapazitäten und logistischen Abläufen wurde ein Werk in Michigan geschlossen. Nach letztmaligen Verlusten im Jahr 2018 dürfte nun die nachhaltige Trendwende gelingen.
In China haben die Münchner mit einem neuen Werk einen Fuß in der Tür. Nach dem Start der Produktion im Januar 2018 wird hier in diesem Jahr der Break-even erwartet. „Das zu erwartende überproportionale Wachstum in Asien-Pazifik wird auf Gruppenebene aufgrund des niedrigen Anteils aber eine nur untergeordnete Rolle spielen“, ordnet Blum das Geschäft richtig ein.
Klare Ziele
Die Margen in den beiden Wachstumsregionen liegen noch weit unterhalb von denen in Europa. Alles in allem sollte eine erfolgreiche Internationalisierung daher mit dazu beitragen, den Umsatz bis 2020 auf über zwei Milliarden Euro und die Margen über die angestrebten elf Prozent zu steigern. Der Start eines Direktvertriebs in Nordamerika könnte dabei genauso helfen wie klassische Themen zur Effizienzsteigerung wie Kostensenkungen und Preisanpassungen.
Lehner ist sich aber bewusst, diese mittelfristigen Ziele in einem stark umkämpften Bereich mit vielen Wettbewerbern nur über das Thema Innovationen erreichen zu können. „Unser Ziel ist es, der innovativste Trendsetter der Branche zu werden und doppelt so schnell zu wachsen wie der Markt“, zeigt sich Lehner ehrgeizig. Viel Potenzial und Platz für Innovationen bietet der Markt für „Zero Emission“. Die Vorschriften für den Einsatz von emissionsfreien Geräten wird künftig eine wichtige Rolle spielen – und die Nachfrage ankurbeln. Wacker Neuson hat bereits einige elektrische Maschinen im Angebot und wird weiter in den Ausbau der Produktpalette investieren. „Die Thematik unterstreicht definitiv die Innovationskraft von Wacker Neuson und ist demnach nicht zu verachten“, so Warburg-Experte Blum. „Jedoch wird dies kurzfristig kein Gamechanger sein – auch weil die Absatzzahlen zunächst eher homöopathisch ausfallen sollten.“
Der Weg ist geebnet
Mit der Optimierung der Lieferkette wurde ein wichtiges Hindernis aus dem Weg geräumt, um die Profitabilität nachhaltig zu steigern. Die Internationalisierung sollte helfen, das Wachstumstempo hoch zu halten. Damit dürfte sich die Rekordfahrt fortsetzen. Bleiben tiefgreifende Einschläge an der Konjunkturfront aus, sollte Wacker Neuson den Börsenwert in den kommenden zwölf Monaten daher um mindestens 50 Prozent steigern. Passend dazu würde mit dem Sprung über dei 20-Euro-Marke ein frisches Kaufsignal generiert.
Hinweis nach §34 WPHG zur Begründung möglicher Interessenkonflikte: Aktien oder Derivate, die in diesem Artikel besprochen / genannt werden, befinden sich im "Real-Depot" von DER AKTIONÄR.