Zur Bewältigung der ab Januar 2016 anstehenden Rückrufe und drohender Zusatzkosten hat VW 6,7 Milliarden Euro zurückgelegt. 2 Milliarden Euro veranschlagen die Wolfsburger für das, so VW-Markenchef Herbert Diess, "fachlich eingrenzbare" CO2-Thema. Er befürchtet Mehrausgaben durch mögliche Strafen. "Es ist momentan sehr schwer, das genauer abzuschätzen."
Um die finanziellen Unsicherheiten abzufedern, verhandelt VW nach Informationen aus Branchenkreisen mit Banken über Milliarden-Kredite. Dabei soll es um kurzfristige Darlehen von bis zu 20 Milliarden Euro als "Brückenfinanzierung" gehen. Eine solche Kreditaufnahme muss nicht zwangsläufig auf einen akuten Finanzierungsengpass hindeuten - sie kann auch dazu dienen, unklare Kostenschätzungen für die Zukunft oder die Rückzahlung bereits ausgegebener Firmenanleihen abzusichern.
Neue Probleme
In der Zwischenzeit kamen wieder Neuigkeiten im VW-Abgas-Skandal an die Öffentlichkeit. Vor allem die neuesten Autos aus dem VW-Konzern stoßen mehr CO2 aus als in den Papieren angegeben. Mit rund 430 000 Wagen erstreckt sich über die Hälfte der etwa 800 000 Fälle falscher Daten zur Emission des klimaschädlichen Gases auf das Modelljahr 2016. Das teilte Europas größter Autobauer in Wolfsburg mit. Die betreffenden Fahrzeuge sind teils schon im Handel. Jobs der Stammbelegschaft sollen von der Affäre vorerst nicht bedroht sein.
Geprüft werde, welche weiteren Modelljahrgänge mit zu niedrig angegebenen CO2-Werten unterwegs sind. Kunden können sich auf der Internetseite www.Volkswagen .de/info informieren, ob ihr Auto betroffen ist. Der Konzern veröffentlichte eine "Übersicht kritischer CO2-Fahrzeuge". Darin finden sich Einträge für fünf Marken - neben VW-Pkw (etwa Golf, Passat, Tiguan) auch Audi , Seat, Skoda und leichte Nutzfahrzeuge.
Anfang November hatte VW - nach den im September bekanntgewordenen Fälschungen von Stickoxid-Werten bei älteren Dieselwagen - auch beim CO2 "Unregelmäßigkeiten" genannt. Behörden, Händler und Importeure würden nun über weitere Erkenntnisse informiert, hieß es. Unter Aufsicht des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) sollen als einer der nächsten Schritte neue, korrekte CO2-Angaben festgelegt werden.
Trotz der immensen Kosten für den Abgas-Skandal will VW in der Kernbeschäftigung auf einen Stellenabbau verzichten. "Ich glaube schon, dass wir die Stammbelegschaft halten können", sagte der neue Markenchef Herbert Diess der Deutschen Presse-Agentur in einem Doppelinterview mit Betriebsratschef Bernd Osterloh. Bei den Boni werde es aber Einbußen geben. Er betonte, man habe derzeit keine Hinweise darauf, dass weitere Verfehlungen ans Licht kommen könnten. Am Sonntag endete die Frist, innerhalb der VW dem Kraftfahrt-Bundesamt einen Lösungsvorschlag für manipulierte Software bei den mittelgroßen 1,6-Liter-Dieseln vorlegen muss. Nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR stellt der Konzern der Untersuchungskommission des Verkehrsministeriums das Ergebnis am Montag bei Testfahrten vor.
Daimler und Peugeot vorziehen
Die VW-Aktie ist zuletzt wieder unter die Marke von 100 Euro gefallen. Zwischen 90 und 98 Euro scheint sich aber eine Bodenbildung abzuzeichnen. Was bleibt ist die Unsicherheit rund um die Höhe des Schadens des ganzen Abgas-Skandals. Und die Börse hasst nichts mehr als Unsicherheit. Der große Abgabedruck jedenfalls hat in den letzten Tagen nachgelassen. Große Sprünge sind von der Aktie auf die schnelle allerdings nicht zu erwarten. DER AKTIONÄR favorisiert im Autosektor nach wie vor Daimler und Peugeot.
(Mit Material von dpa-AFX).