TUI-Aktionäre können sich in diesen surrealen (Corona-) Zeiten zumindest auf eines verlassen: Der Nachrichtenstrom über den Touristik-Konzern wird so schnell nicht versiegen – täglich kommen neue News. Nun hat sich die amerikanische Ratingagentur Moody’s zu Wort gemeldet. Die Aussagen werden der ohnehin angeschlagenen TUI nicht gefallen.
Und auch Gläubigern dürfte die aktuelle Bewertung von TUIs Kreditwürdigkeit die ein oder andere Sorgenfalte auf die Stirn treiben. Konkret hat Moody’s seine Bonitätsbewertung gleich um zwei Stufen von „B2“ auf „Caa1“ gesenkt und zudem mit einem negativen Ratingausblick vor einer weiteren Herabstufung gewarnt. Zur Einordnung: Dieses neue Rating „Caa1“ ist das fünfschlechteste Rating auf der 21-stufigenSkala der US-Ratingagentur und steht für eine erhöhte Wahrscheinlichkeit von Kreditausfällen.
Dieser Wertung liegt die Befürchtung zugrunde, dass der KfW-Kredit der Bundesregierung über
1,8 Milliarden Euro nicht reichen könnte. Im April wurde dem Reiseveranstalter die Kreditlinie eingeräumt. Ende März hatte TUI noch eine Milliarde Euro auf der hohen Kante. Doch nach Moody's Schätzungen könnte der Touristik-Konzern im laufenden Geschäftsjahr zwischen 3,5 Milliarden und vier Milliarden Euro verlieren (Free-Cash-Flow).
Und auch einen Teil der Anzahlungen, die eigentlich reisefreudige Touristen für geplante Reisen geleistet haben, müsse TUI sicherlich zurückerstatten – auch wenn den Hanoveranern die „Gutschein-Lösung“ selbstredend besser gefallen würde. Es bestehe eine „beträchtliche Unsicherheit“, ob die zusätzliche Finanzierung ausreicht, damit TUI über die nächsten 12 bis 18 Monate liquide bleibt. TUI hatte ab Mitte März einen Großteil des Geschäfts aus Eis gelegt.
Und wieviel Umsatz und damit auch Cash aus dem laufenden Geschäft zukünftig kommt, ist vor dem Hintergrund der andauernden Corona-Pandemie schwer einzuschätzen. DER AKTIONÄR hat auf diese fundamentale Unsicherheit mehrfach hingewiesen. So beurteilt auch Moodys die Lage selbst nach geöffneten Grenzen kritisch: Der Tourismus werde auch nach der Lockerung der Reisebeschränkungen darniederliegen, weil Kunden aus Gesundheitsgründen für mehrere Quartale zögerten zu reisen.
TUI kämpft ohnehin schon mit stürmischer See und hat mit der Herabsetzung der Kreditwürdigkeit durch Moody’s nun noch einen satten Schuss vor den Bug bekommen. Ob und wann die Hannoveraner das rettende Ufer erreichen, ist derzeit nicht abzusehen. Vor dem Hintergrund könnte die TUI-Aktie, die jüngst mit einem sonnigen Kursanstieg für „Urlaubsgefühle“ bei den Anlegern gesorgt hat, eher wieder den Weg Richtung Süden einschlagen.