TUI hat gestern die mit Spannung erwarteten Zahlen für das dritte Quartal, in das der wochenlange weltweite Lockdown fiel, vorgelegt: Die Verluste von 1,4 Milliarden Euro waren noch schlimmer als ohnehin befürchtet. Um zu überleben, hat man sich Staatshilfen in Höhe von drei Milliarden Euro gesichert. Das ist jetzt Vergangenheit. Die entscheidende Frage lautet: Wird es in Zukunft besser? TUI-Boss Fritz Joussen verweist auf die allmähliche Wiederaufnahme des Geschäfts und anziehende Nachfrage für den Sommer 2021. Was bedeutet das konkret?
Zweifel an der Werthaltigkeit dieser Aussagen sind durchaus angebracht. Denn ein guter Teil der Buchungen sind „lediglich“ Umbuchungen in diesem Jahr geplanter Reisen auf Basis der Gutscheinlösung. Für diese Reisen, bei denen die Anzahlung bereits geleistet wurde, fließt erst kurz vor der Abreise weiteres Geld.
Mit einer schnellen Wiederbelebung der Nachfrage rechnet Joussen zudem offenbar selbst nicht. Daher reduzierte der Touristik-Konzern die Kapazität für die Wintersaison gegenüber der ursprünglichen Planung um 40 Prozent, für den nächsten Sommer schrumpft das Angebot um 20 Prozent. Die aktuellen Buchungen entwickelten sich "im Rahmen dieser Kapazitätsanpassungen“, heißt es. Für das vierte Quartal des Geschäftsjahres erwarte man einen "weitgehend kostendeckenden Geschäftsbetrieb“.
Die Kosten sollen – wie schon mehrfach berichtet - weiter massiv gesenkt werden. So sieht der Plan eine Reduzierung der Gemeinkosten um 30 Prozent vor. Der größte Teil davon dürfte auf Personalkosten entfallen. Außerdem hatte Joussen bereits angekündigt, dass zum Schuldenabbau auch Tafelsilber verkauft werden soll. Ein erster Schritt war die Integration von Hapag-Lloyd Cruises in das Joint Venture mit Royal Caribbean, TUI Cruises. Auch im Hotelgeschäft wird sich der Konzern wohl zunehmend aus kapitalintensiven Engagements zurückziehen.
Darüber hinaus werden sämtliche Investitionen werden gekappt. Ausgenommen ist der Umbau in Richtung Digitalisierung. TUI will im Vertrieb stärker über Plattformen und einen einheitlichen Markenauftritt arbeiten. Die Kunden sollen außerdem eine zentrale Service-App nutzen können. Das ist sicherlich der richtige Ansatz, der aber vermutlich erst auf lange Sicht Früchte tragen wird.
TUI wird – auch wenn die Krise eines Tages überstanden ist – dann einen riesigen Schuldenberg verbunden mit enormen Zinslasten vor sich herschieben. Die Aussage des Reiseveranstalters im Geschäftsbericht, in zwei Jahren werde die TUI Group "stärker, schlanker, digitaler und agiler in einem voraussichtlich erheblich konsolidierten Markt auftreten“, ist aus heutiger Sicht mit (zu) vielen Fragezeichen behaftet. Anleger bleiben weiterhin außen vor.