Der kriselnde Industriekonzern ThyssenKrupp hat nach einem überraschend guten Jahresauftakt seine Prognose für das Geschäftsjahr 2020/21 erhöht. „Wir spüren Anzeichen einer wirtschaftlichen Erholung und unsere Maßnahmen tragen erste Früchte“, so Vorstandschefin Martina Merz. „Noch sind wir aber nicht über den Berg.“
Dennoch geht ThyssenKrupp von sich weiter erholenden Märkten und einer steigenden Nachfrage in den Werkstoffgeschäften sowie bei Komponenten für Pkw und Nutzfahrzeuge aus. Das bereinigte operative Ergebnis (EBIT) soll im bis Ende September laufenden Geschäftsjahr nahezu ausgeglichen ausfallen, teilte das Unternehmen mit. Nach einem Verlust auf Pro-forma-Basis von 1,8 Milliarden Euro im Vorjahr hatte ThyssenKrupp bislang einen Verlust im mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich avisiert.
Wegen der laufenden Restrukturierungen rechnet der Konzern unter dem Strich weiter mit einem hohen Verlust. Dieser soll mit einem hohen dreistelligen Millionen-Euro-Betrag jedoch niedriger ausfallen als der zuvor prognostizierte Wert von mehr als einer Milliarde. Die Restrukturierungskosten dürften sich im mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Bereich bewegen. Im Vorjahr war wegen hoher Abschreibungen und Umbaukosten ein Nettoverlust von 5,5 Milliarden Euro aufgelaufen. Der Umsatz soll 2020/21 im hohen einstelligen Bereich zulegen, jedoch noch deutlich unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie bleiben, erläuterte ThyssenKrupp. Bislang wurde ein Plus im niedrigeren bis mittleren Prozentbereich angepeilt.
Zu den ausführlichen Zahlen von ThyssenKrupp geht es hier
Starkes erstes Quartal
Im ersten Quartal konnte ThyssenKrupp operativ schwarze Zahlen schreiben und das bereinigte EBIT des fortgeführten Geschäfts auf 78 Millionen Euro steigern, nachdem im Vorjahr ein Verlust von 185 Millionen Euro angefallen war. Damit fiel das Ergebnis deutlich besser aus als erwartet, Analysten hatten im Schnitt mit einem Verlust von knapp 28 Millionen Euro gerechnet. Dabei profitierte ThyssenKrupp von deutlich besser als erwarteten Ergebnissen bei Industriekomponenten, der Automobiltechnologie und dem zuletzt schwachen Stahlgeschäft. Den Nettoverlust im fortgeführten Geschäft – ohne die im vergangenen Jahr verkaufte Aufzugsparte – verbesserte sich von 449 Millionen auf 141 Millionen Euro.
In einem weiterhin unsicheren Marktumfeld hatten wir ein gutes erstes Quartal.
Der Umsatz sank im Quartal um vier Prozent auf 7,3 Milliarden Euro. Die steigende Nachfrage bei den drei oben genannten Segmenten konnten Rückgänge unter anderem in der Marinesparte und im Stahlhandel nicht ausgleichen. Das Neugeschäft konnte dagegen zulegen: Die Auftragseingänge stiegen um sechs Prozent auf 7,8 Milliarden Euro. Den Mittelabfluss konnte ThyssenKrupp stoppen und einen positiven freien Cashflow von 32 Millionen Euro erzielen. Im Vorjahr musste ThyssenKrupp einen Mittelabfluss von 2,4 Milliarden Euro hinnehmen.
Eine angehobene Prognose und vor allem eine sehr positive Überraschung beim freien Cashflow: Erstmals seit Langem kann ThyssenKrupp mit den Quartalszahlen überzeugen. Die Aktie reagiert entsprechend positiv, die jüngste Erholung dürfte so weiter Fahrt aufnehmen. Spekulative Anleger setzen weiter auf ein Comeback.
Mit Material von dpa-AFX