Seit Monaten verhandelt ThyssenKrupp mit dem indischen Wettbewerber Tata über eine Fusion. Da eine Einigung nach wie vor auf sich warten lässt und auch der Widerstand von Gewerkschaften und Arbeitnehmern nicht abebbt, sucht Konzernchef Heinrich Hiesinger aber auch weiter nach Alternativen. Eine deutsche Stahl AG könnte entstehen.
Laut Handelsblatt ist Jürgen Großmann, der Eigentümer des mittelständischen Stahlkonglomerats Georgsmarienhütte an einer Übernahme des Stahlgeschäfts von ThyssenKrupp interessiert. Zu einem späteren Zeitpunkt könnte die Stahl AG auch Salzgitter umfassen. Aktuell sperrt sich Heinz Jörg Fuhrmann, der Chef des MDAX-Konzerns zwar noch gegen eine Konsolidierung. Nach der Wahl Mitte Oktober könnte die rot-grüne Koalition in Niedersachsen aber vor dem Aus stehen und Fuhrmann unter einem neuen Landesparlament den Rückhalt des Großaktionärs verlieren.
Die IG Metall steht hinter dem Alternativplan. „Alles ist besser als Tata“, zitiert das Handelsblatt Gewerkschaftsvertreter. Ein großes Fragezeichen bleibt aber: Georgsmarienhütte hatte jahrelang mit roten Zahlen zu kämpfen und wird nicht in der Lage sein, die Stahlsparte von ThyssenKrupp zu übernehmen – aktuell wird diese inklusive Schulden und Pensionsverpflichtungen auf 6,2 Milliarden Euro taxiert. Möglich wären Landesbürgschaften von Nordrhein-Westfalen oder Niedersachsen sowie die Hilfe eines Finanzinvestors. Bei Guido Kerkhoff, der Finanzchef von ThyssenKrupp, sind Vorschläge von Private-Equity-Firmen bislang allerdings auf taube Ohren gestoßen.
Es geht voran
An der Börse kommt die Idee einer deutschen Stahl AG nicht gut an. Tata bleibt die Wunschlösung des Managements und der Anleger. Durch die Alternativszenarien kann ThyssenKrupp aber den Druck auf den Wettbewerber erhöhen und die Verhandlungen unter Umständen beschleunigen. Es ist außerdem wichtig, dass Hiesinger sich weitere Optionen offen hält. Denn klar ist: ThyssenKrupp wird es in der aktuellen Form nicht mehr lange geben. Die Aktie wird von Abspaltungen, egal in welcher Form, profitieren und steht vor einer Neubewertung. Anleger bleiben an Bord.