Bei ThyssenKrupp fällt am Donnerstag eine für die Zukunft des Unternehmens wichtige Entscheidung. Der Aufsichtsrat des angeschlagenen Stahl- und Industriekonzerns will am Nachmittag über den Verkauf der milliardenschweren Aufzugssparte beraten. ThyssenKrupp braucht dringend Geld, um Schulden zu tilgen und den geplanten Konzernumbau zu finanzieren. Investoren haben den Wert der Aufzugssparte nach Angaben von Konzernchefin Martina Merz auf mehr als 15 Milliarden Euro taxiert. Offen ist, ob ThyssenKrupp das Geschäft mit Aufzügen und Rolltreppen komplett verkaufen oder einen Teil behalten will.
Die Aufzugssparte ist derzeit der einzige nennenswerte Gewinnbringer des hoch verschuldeten Konzerns. Weltweit hat ThyssenKrupp Elevator rund 53 000 Mitarbeiter, das ist fast ein Drittel aller Beschäftigten im Konzern. Während das Stahl-Geschäft tief in den roten Zahlen steckt, erzielte ThyssenKrupp mit dem Verkauf und der Wartung von Aufzügen und Rolltreppen allein im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres einen operativen Gewinn von 228 Millionen Euro.
Im Bieterrennen sind noch zwei Gruppen. Zum Konsortium um die Finanzinvestoren Advent und Cinven gehört auch die RAG-Stiftung aus Essen. Die zweite Bietergruppe bilden die Investoren Blackstone, Carlyle und Canadian Pension Plan.
Eine Rolle bei der Entscheidung von Vorstand und Aufsichtsrat dürfte auch spielen, wer die Arbeitnehmer auf seiner Seite hat. Die IG Metall hat bereits mit beiden Bietern Vereinbarungen für den Verkaufsfall geschlossen. „Arbeitsplätze und Standorte sind gesichert“, sagte der NRW-Bezirksleiter der Gewerkschaft, Knut Giesler. Zudem sorge die Zusage von Investitionen in Innovationen „für die Zukunftsfähigkeit der Aufzugssparte“.
Bei ThyssenKrupp hatte sich in den vergangenen Monaten die Lage immer mehr zugespitzt. Die lange vorbereitete Fusion der Stahlsparte mit dem europäischen Zweig des indischen Stahlkochers Tata war von der EU-Kommission untersagt worden. Eine Aufspaltung des Konzerns in zwei Aktiengesellschaften wurde abgesagt, ThyssenKrupp flog wegen massiver Kursverluste aus dem DAX. Vorstandschef Guido Kerkhoff musste nach nur gut einem Jahr im Amt seinen Hut nehmen. Im Oktober wechselte dann die Aufsichtsratsvorsitzende Martina Merz als Interimschefin an die Spitze des Vorstands.
Mit dem Verkauf der Aufzugssparte bekommt ThyssenKrupp eine letzte Chance, um den Umbau zu finanzieren. Allerdings sind die Probleme des Konzerns gewaltig – es bleibt offen, ob die Wende gelingt. Anleger sollten nach dem Erreichen des Stoppkurses zunächst an der Seitenlinie bleiben und die weitere Entwicklung abwarten.