Die positive Stimmung am Gesamtmarkt treibt auch die Erholungs-Rallye bei ThyssenKrupp an. Anleger setzen darauf, dass der schwer gebeutelte Industriekonzern von einer möglicherweise schnellen Erholung der Wirtschaft profitieren könnte. Seit dem Corona-Tief im März hat sich die Aktie bereits mehr als verdoppelt.
ThyssenKrupp wird von der Corona-Pandemie besonders stark getroffen. Die meisten Geschäftsbereiche wie der Stahl, der Anlagenbau oder auch das Komponentengeschäft schwächelten bereits vor dem Ausbruch der Krise. Zudem belastet die schwache Bilanz mit hohen Schulden nach wie vor, der Verkauf der Aufzugssparte für 17,2 Milliarden Euro lindert zwar die größten Sorgen. Durch die Krise wird das Geld aber schnell aufgezehrt, zur Sicherung der Liquidität hat der Konzern zusätzlich Staatshilfen beantragt.
Da kommt es nicht überraschend, dass die Hoffnung auf ein schnelles Zurückkehren zur Normalität die Aktie antreibt. Durch die zunehmenden Lockerungen setzen Anleger inzwischen darauf, dass die Konjunktur schneller wieder auf das Vorkrisenniveau zurückkehrt als noch vor wenigen Wochen denkbar war.
Bei aller Euphorie sollten Anleger aber bedenken: Selbst ohne Corona-Pandemie befand sich ThyssenKrupp in einer Zwickmühle. Dass es mit der neuen Strategie von Konzernchefin Martina Merz für viele Sparten sinnvolle Lösungen gibt, ist zwar durchaus denkbar – aber noch keinesfalls gesichert. Kommt es jedoch noch einmal zu einer zweiten Welle, wäre dies für den Industriekonzern eine kaum zu bewältigende Herausforderung.
Das Chance-Risiko-Verhältnis bleibt deshalb eher schlecht. Gelingt der Turnaround und die Bereinigung der Bilanz, ist die aktuelle Bewertung natürlich extrem günstig. Dann sind auch deutlich höhere Kurse drin. Doch nach wie vor ist auch der Worst Case nicht auszuschließen, dass der Konzern in den meisten Bereichen auch langfristig seine Kapitalkosten nicht verdienen kann. Deshalb sollten Anleger, die weiter auf die Erholung der Börsen setzen wollen, zu anderen Werten mit geringeren Risiken greifen.