Droht eine Korrektur beim DAX? Wo liegen die größten Risiken? Wir haben bei den besten Börsenexperten Deutschlands nachgefragt, wie etwa Buch- und Börsenbriefautor Thomas Gebert. Er gibt Antworten darauf, wie es mit dem DAX weiter geht und warum Anleger unbedingt den US-Dollar genau im Auge behalten sollten.
Herr Gebert, wie schätzen Sie den Markt derzeit ein? Wird es bald weiter nach oben gehen oder müssen wir Angst haben, dass es bald knallt?
Thomas Gebert: Der DAX ordnete sich die in der Vergangenheit dem 16-jährigen Dollar-Zyklus unter. Deshalb hat auch der Börsenindikator, der den Dollarkurs berücksichtigt, in der Vergangenheit so gut funktioniert. In den Phasen des steigenden Dollar, von 1980 bis 1985, von 1993 bis 2001 und von 2009 bis heute konnte sich der DAX jeweils verdreifachen. Während der Dollar-Abwärtswellen von 1969 bis 1979, von 1986 bis 1993 und von 2001 bis 2009 konnte der DAX per Saldo keinen Kursgewinn erzielen. In diesem Jahr sollte der Dollar wieder einen Gipfel ausprägen. Nach dem Dollar-Gipfel im Februar 1985 konnten die Aktien wegen der guten Unternehmensgewinne wegen des hohen Dollar noch bis zum Jahresende deutlich weiter steigen. Deshalb halte ich es auch in diesem Jahr für möglich, dass wir ab dem Frühsommer noch einmal eine deutliche Aufwärtsbewegung mit neuen All-Time-Highs bekommen. Möglicherweise steigen die Kurse noch bis zum Jahresende. Danach wahrscheinlich viele Jahre nicht mehr, wegen des dann fallenden Dollarkurses. Aber zunächst glaube ich, dass nach der Wahl in Frankreich die Kurse eine Weile nachgeben werden. Alle rechnen damit, dass Marie Le Pen nicht gewinnen wird. Wenn sie dann tatsächlich nicht gewinnt, werden die Kurse nach ein paar Tagen der Euphorie fallen, weil die Anleger vorher schon gekauft haben. Fait accompli.
Amerikanische Aktien sind recht hoch bewertet, deutsche sind im langfristigen Vergleich günstig. Wird der DAX den Dow Jones mittelfristig outperformen?
So günstig sind die deutschen Aktien auch nicht bewertet. Ein Kurs-Gewinn-Verhältnis von 20 wie im Moment habe ich bei BASF in den letzten 40 Jahren noch nicht gesehen. Wenn man herausrechnet, dass die zu Recht niedrig bewerteten Automobil- und Versicherungswerte in Deutschland schwer gewichtet sind und in den USA die traditionell höher bewerteten Konsum- Technologie- und Pharmawerte stärker vertreten sind, ist der Unterschied nicht so groß.
Wo sehen Sie derzeit die größten Risiken für den Markt?
Eine wirklich große Gefahr sehe ich im Moment nicht.
Seien Sie bitte visionär: Wo steht der DAX in 5 Jahren?
Ich vermute dass der DAX in fünf Jahren etwa da notiert, wo er heute steht.
Die Fed will noch in diesem Jahr auf die geldpolitische Bremse treten. Was bedeutet das für die Aktienmärkte?
So kräftig wird die Fed gar nicht treten. Die amerikanische Konjunktur kühlt sich jetzt schon spürbar ab. Die Autoverkäufe geben nach und das Kreditwachstum tendiert gegen null. Ein Boom sieht anders aus.
Wann wird die EZB frühestens nachziehen?
In den Phasen des fallenden Dollar, nach 1969, nach 1985, nach 2001 und vermutlich wird es nach im 16-jährigen Rhythmus nach 2017 genauso sein, stiegen die Edelmetall- und die Rohstoffpreise stark an. Damit kletterten auch die Inflationsraten und die Zinsen. Die Tage der negativen Zinsen sind gezählt. Hier noch mal zu Ihrer Frage nach den fünf Jahren. Ich vermute in fünf Jahren einen Goldpreis über 2.000 Dollar, einen Ölpreis über 100 Dollar und einen Dollar deutlich tiefer als heute. Das gilt auch für den Fall eines Auseinanderbrechens des Euro. Dann fällt der Dollar eben gegen den Rest-Euro oder die neue D-Mark.
Wie robust bewerten Sie aktuell die Konjunktur in Deutschland, Europa und in den USA?
Deutschland und Europa erleben ein kleines Wirtschaftswunder, wegen des hohen Dollar. In den USA kühlt sich die Konjunktur dagegen eher ab. Das könnte dazu passen, dass der Dollar in diesem Jahr dreht.
Wie andere Börsenprofis wie etwa Hans A. Bernecker, Max Otte, Marc Faber, Robert Halver oder Folker Hellmeyer die aktuelle Lage einschätzen, bei welchen Aktien sie zugreifen würden und wovon sie tunlichst die Finger lassen würden, erfahren Sie exklusiv in der neuen Ausgabe 17/2017 des AKTIONÄR.