Die Unterhaltungsbranche steckt mitten im Umbruch – statt klassischem TV-Programm laufen Streaming-Dienste wie Netflix und Amazon Prime Video auf immer mehr Bildschirmen. ProSiebenSat.1, RTL und Co merken das unter anderem an rückläufigen Einnahmen im Kerngeschäft mit TV-Werbung. Bei der Tech-Konferenz DLD hat ProSieben-Chef Max Conze seine Sicht der Dinge geschildert.
„Ich denke, man sollte mit Netflix konkurrieren, indem man nicht versucht, Netflix zu sein“, sagte Conze am Sonntag bei der DLD in München. Der US-Dienst sei gut darin, Serien zu ordern, die den Zuschauern gefallen. „Aber Entertainment ist noch viel mehr: Nachrichten, Sport, Live-Shows.“ Wenn es den Sendern gelinge, beliebte Formate und Sendungen in die digitale Welt zu bringen, hätten sie eine starke Wettbewerbsposition.
Zudem habe die klassische TV-Branche noch einen starken Rückhalt in der Bevölkerung, betonte Conze. Wenn sich zehn Millionen Zuschauer das Finale von „The Voice of Germany“ ansähen, seien das immer noch mehr als Netflix oder Amazons Streaming-Dienst Kunden in Deutschland hätten. Zugleich müssten die TV-Unternehmen keine Angst haben, mit neuen Angeboten in ihr eigenes bisheriges Geschäft zu schneiden - sonst würden das andere tun.
Neue Streaming-Plattform, steigende Investitionen
Als Gegenmaßnahmen hat Conze bereits kurz nach seinem Amtsantritt als Vorstandschef im Juni eine neue Streaming-Plattform angekündigt, die im Sommer an den Start gehen soll. Neben einer Kooperation mit dem US-Medienkonzern Discovery hat Conze auch steigende Investitionen in eigene Inhalte für die Plattform angekündigt. Zudem hat er RTL sowie die öffentlich-rechtlichen Sender dazu eingeladen, sich daran zu beteiligen und gemeinsam einen „deutschen Champion“ zu schaffen.
Neben dem TV- und Streaming-Geschäft hat ProSiebenSat.1 zuletzt auch die Aktivität im Geschäft mit Online-Plattformen und E-Commerce weiter erhöht. Die NuCom Group genannte Sparte hat erst in der vergangenen Woche die Mehrheit an Aroundhome übernommen. Dadurch soll die Abhängigkeit vom klassischen TV-Geschäft gesenkt werden, Kritiker warnen jedoch vor vergleichsweise geringen Margen.
Trading-Chance bei Netflix, ProSieben auf der Watchlist
An der Börse, wo bekanntlich die Zukunft gehandelt wird, ist Netflix der klare Favorit. Während die Aktie in den vergangenen drei Jahren rund 240 Prozent gestiegen ist, sind die ProSieben-Anteile im selben Zeitraum um 65 Prozent eingebrochen. Das spiegelt sich auch in der Bewertung: Während ProSiebenSat.1 nach dem Kursrutsch auf ein 2019er-KGV von acht kommt, sind es bei Netflix sportliche 78.
Zwar haben die Quartalszahlen von Netflix in der Vorwoche zunächst nicht den erhofften Kurssprung ausgelöst, Anleger setzen mit engem Stopp aber dennoch auf eine Fortsetzung der seit Jahreswechsel laufenden Erholung. Die Aktie von ProSiebenSat.1 bleibt derweil auf der Beobachtungsliste.