Eine reduzierte Jahresprognose und eine überraschende Personalie haben der Aktie von SNP Schneider-Neureither & Partner zuletzt zugesetzt. Notierte der Titel Ende April noch über 56 Euro, wurden die Papiere Mitte Mai für unter 40 Euro gehandelt. Doch nun scheinen die Nachrichten verdaut.
Vor wenigen Tagen wurde bekannt: Der frühere Siemens-Chef Klaus Kleinfeld verlässt den SNP-Verwaltungsrat nach nicht einmal einem Jahr. Er hatte dort den als aktivistisch geltenden Finanzinvestor AkrosA Private Equity vertreten, dem er selbst angehört. AkrosA hält seit dem Einstieg Anfang 2019 rund neun Prozent der SNP-Aktien. In einer Pflichtmitteilung hieß es kurz und knapp, dass Kleinfeld mit sofortiger Wirkung aus dem Aufsichtsgremium ausscheidet. Über die Hintergründe teilte SNP nichts mit. Die Sorge, AkrosA würde nun auch seine Beteiligung reduzieren, hat den Kurs belastet. Bisher hat es aber noch keine entsprechenden Stimmrechtsmitteilungen gegeben.
Ebenfalls positiv: Michael Eberhardt, der vor einem Jahr das SNP-Managementteam als neuer Chief Operating Officer (COO) verstärkt hat, bleibt dem Vernehmen nach weiter an Bord. Er genießt in Finanzkreisen höchste Anerkennung und gilt als treibende Kraft bei der strategischen Weiterentwicklung der Gesellschaft und damit auch der Steigerung der Profitabilität.
Hier musste SNP zuletzt etwas zurückrudern – zumindest kurzfristig. Die Heidelberger haben das erste Quartal 2020 zwar mit einem deutlichen Umsatzanstieg abgeschlossen. Im zweiten Quartal dürfte die Gesellschaft durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie jedoch etwas ausgebremst werden. Ab dem dritten Quartal sollte es dann schon wieder verbesserte Kennzahlen geben.
Der Vorstand hat Ende April die Prognosen für das Gesamtjahr angepasst und erwartet nun einen Umsatz von 145 Millionen bis 170 Millionen Euro (Vorjahr: 145 Millionen Euro), zuvor ging er von 175 Millionen bis 185 Millionen Euro aus. Die EBIT-Marge soll im mittleren einstelligen Prozentbereich (Vorjahr: 4,8 Prozent) liegen. In der bisherigen Prognose rechnete SNP mit 6,5 Prozent bis 8,5 Prozent. Im ungünstigsten Fall würden Umsatz und Gewinn im laufenden Jahr also nur stagnieren. Im Idealfall könnten die ursprünglichen Planvorgaben knapp verfehlt werden.
Während die Umsatzprognose auf Projektverschiebungen zurückzuführen ist, resultiert die gesenkte Margenerwartung aus den reduzierten Umsatzerwartungen und dem jüngsten Personalaufbau. Hier hat sich die Gesellschaft vor allem im Partnermanagement verstärkt. SNP wird mehr und mehr zu einem Software-Unternehmen, das seine Partner wie IBM und T-Systems durch Schulungen und Services unterstützt – und so am Ende das eigene Geschäft stark skalieren kann. Passend dazu wurde in dieser Woche mit dem indischen IT-Konzern Mphasis eine neue Partnerschaft abgeschlossen. Dem Vernehmen nach befindet sich das Unternehmen mit weiteren potenziellen Partnern in entsprechenden Verhandlungen.
Auch wenn SNP im laufenden Jahr etwas die Dynamik fehlt, sind die Aussichten unverändert gut. Eine veraltete Daten-Infrastruktur kann sich kein Unternehmen leisten. Bis Ende 2024 müssen noch mehrere Tausend SAP-Kunden den aufgezwungenen Wechsel zur vierten Produktgeneration S/4HANA vollziehen. Mit seiner Implementationstechnik dürfte SNP überproportional profitieren und einige neu Aufträge an Land ziehen. Zudem könnte nach dem Ende der akuten Phase der Coronakrise die Digitalisierung in den Fokus ganz neuer Branchen und Unternehmen rücken. Kurzum: Die Aktie sollte ihre Aufwärtsbewegung in Richtung 50 Euro und mehr schon bald wieder aufnehmen.
Hinweis nach §34 WPHG zur Begründung möglicher Interessenkonflikte: Aktien oder Derivate, die in diesem Artikel besprochen / genannt werden, befinden sich im "Real-Depot" von DER AKTIONÄR.