Am Mittwoch ist bei Siemens der Tag der Wahrheit. Der Industriekonzern legt seine Zahlen für das erste Quartal des gebrochenen Geschäftsjahres vor und hält zudem seine Hauptversammlung ab. Neben den Ergebnissen dürften auch die anhaltenden Proteste der Umweltaktivisten im Fokus bleiben.
Siemens steht vor einem wichtigen Jahr. Der Börsengang von Siemens Energy steht an, die Nachfolgediskussion um Chef Joe Kaeser muss gelöst werden und die Proteste der Klimaschützer gegen den Konzern beschädigen derzeit das Image. Auf der Hauptversammlung dürfte es deshalb durchaus heiß hergehen. An der Börse wird der Fokus dennoch vor allem auf den Zahlen liegen.
Für das neue Geschäftsjahr bleibt das Management um Kaeser wegen der Konjunkturflaute vorsichtig. Das Unternehmen soll auf vergleichbarer Basis moderat wachsen, was ein Plus von drei bis fünf Prozent impliziert. Das Ergebnis je Aktie soll 6,30 Euro bis 7,00 Euro betragen, nach 6,41 Euro im Vorjahr. In der Mitte der Spanne würde das ein Gewinnwachstum von vier Prozent bedeuten. Erträge aus der Ausgliederung des Energiegeschäfts dürften sich mit Belastungen aus diesem Prozess sowie Restrukturierungskosten in etwa die Waage halten. Die Investitionen sollen weiter zulegen.
Für seine Digitalisierungssparte, die zusammen mit Healthineers den größten Ergebnisbeitrag zum Konzern leistet, erwartet der Konzern daher keine großen Sprünge. Im Geschäftsjahr 2019/20 geht Siemens in dem Segment von stagnierenden bis sinkenden Margen sowie einem unveränderten Umsatz aus. Auch für das Zuggeschäft erwartet der Konzern im schlechtesten Fall sinkende Renditen. Beim Geschäft für smarte Infrastruktur sieht Siemens dagegen eine leichte Besserung. Die vor der Ausgliederung stehende Energiesparte dürfte weiterhin vergleichsweise schwache Margen erwirtschaften.
Marktexperten erwarten ein eher maues erstes Quartal. Siemens Healthineers und Gamesa haben bereits Zahlen vorgelegt, die schwächer als erwartet waren, Gamesa musste sogar einen Verlust verkraften. Das Management habe bereits deutlich gemacht, dass die kurzzyklischen Geschäfte im ersten Halbjahr weiter unter schwierigen Bedingungen arbeiten müssten, hieß es bei der Bank of America. Das hoch profitable Geschäft mit der Industrieautomatisierung sollte weiter schwach bleiben. Das erste Quartal sei zudem saisonal schwächer in den Bereichen smarte Infrastruktur, dem Zug- sowie dem Energiegeschäft.
Andreas Willi von JPMorgan geht ebenfalls davon aus, dass die Geschäfte erst wieder im zweiten Geschäftshalbjahr Fahrt aufnehmen. Dann dürfte Siemens auch von seinem Umbauprogramm profitieren.
Im Schnitt rechnen Analysten in einem von Siemens zusammengestellten Konsens mit einem Umsatz von 20,6 Milliarden Euro im ersten Quartal, einem bereinigten operativen Ergebnis (Ebita) des Industriegeschäfts von knapp 1,9 Milliarden Euro sowie einem Nettogewinn von 912 Millionen Euro.
Ob die Zahlen frische Impulse liefern, erscheint nach den schwachen Vorgaben der Töchter Healthineers und Gamesa zumindest fraglich. Anleger sollten mit weiteren Käufen nun warten, ob eine neue Attacke auf das 52-Wochen-Hoch gelingt.
(Mit Material von dpa-AFX)