Die Freude über ein neues Mehrjahreshoch zu Wochenbeginn hielt bei Siemens nicht lange an. Mit seinen Aussagen zum noch laufenden zweiten Quartal holte Konzern-Chef Kaeser die Aktionäre am Donnerstag wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Anders als manche Anleger reagierten die Analysten eher gelassen auf die Meldung.
Mega-Deal in Ägypten
Die Woche begann vielversprechend für Siemens: Nach einer Wirtschaftskonferenz im ägyptischen Sharm el-Scheich bestätigte Vorstands-Chef Joe Kaeser einen neuen Großauftrag für den Münchner Konzern. Neben dem Bau eines Kraftwerks mit Gas- und Dampfturbinen und einer Fabrik, die Rotorblätter für Windturbinen fertigen soll, beinhaltet der Auftrag auch eine Order für Windkraftanlagen. Das Auftragsvolumen wurde auf zehn Milliarden Euro beziffert. Hinzu kam die Nachricht, dass ein jahrelanger Rechtsstreit mit dem mexikanischen Energiekonzern Pemex beigelegt werden konnte. In der Folge kletterte die Siemens-Aktie auf 106,35 Euro – den höchsten Stand seit Anfang 2008.
Kaeser bremst die Erwartungen
Die Freude hielt jedoch nicht lange an, denn am Donnerstag drückte Kaeser die Stimmung mit seinen Aussagen zum noch laufenden zweiten Quartal. Trotz positiver Währungseffekte habe das Unternehmen nach wie vor Probleme im Energiegeschäft. Wegen den Entwicklungen in der Sparte Power & Gas seien die Umsätze auf organischer Basis zwischen Januar und März moderat rückläufig, sagte der Siemens-Chef im Rahmen einer Investorenkonferenz. Aufgrund von Herausforderungen im Bereich Windkraft seien auch die Ergebnisse im Kerngeschäft unter Druck. An der Prognose für das laufende Geschäftsjahr hält der Konzern aber fest. Demnach soll der Umsatz in etwa auf Vorjahresniveau gehalten werden und der Gewinn um mindestens 15 Prozent zulegen. Dazu sollen auch Einmaleffekte wie der Verkauf der Hörgeräte-Sparte beitragen.
Die Kurs leidet
Auf die Prognose für das zweite Quartal reagierten viele Anleger mit Verkäufen. Die Siemens-Aktie sackte am Donnerstag zwischenzeitlich um über fünf Prozent ab und rutschte an das Ende des ohnehin schwachen DAX. Nur mit Mühe konnte sie sich oberhalb der 100-Euro-Marke halten. Die Einschätzungen der Analysten änderten sich dagegen nicht. Die Investmentbank Morgan Stanley sah sich in ihrer bisherigen Bewertung bestätigt und erneuerte ihr „Underweight“-Rating. Die Analysten von JPMorgan und Nomura bestätigten ihre Einstufung auf „Neutral“ mit dem Kursziel 100 Euro. Ebenso die Commerzbank, die ihre Halteempfehlung mit Ziel 96 Euro erneuerte. Die Schweizer Großbank UBS blieb bei ihrer Kaufempfehlung und sieht den fairen Wert bei 110 Euro. Die Aussichten für das laufende Quartal hätten überrascht, solange die Ziele für das Gesamtjahr nicht in Gefahr seien, gäbe es vorerst aber keinen Handlungsbedarf, so der Tenor.
Investiert bleiben
In Anbetracht der Kursgewinne zu Wochenbeginn und dem insgesamt schwächelnden Marktumfeldes seit der Wochenmitte sind die jüngsten Verluste zu verschmerzen. Auch wenn die Aktie unter die 100-Euro-Marke fallen sollte, sollten Anleger dabei bleiben und die mittelfristige Entwicklung im Auge behalten.
(Mit Material von dpa-AFX)