Gestern war ein historischer Tag: Der Mai-Kontrakt für WTI-Öl rutschte aufgrund von Sorgen, wonach die Lager aufgrund der anhaltenden Überproduktion regelrecht überlaufen könnten bis auf minus 40 Dollar ab. Im heutigen Handel stabilisiert sich der Markt wieder etwas. Dies liegt unter anderem auch an Donald Trump.
So hat der US-Präsident angekündigt, die strategischen Öl-Reserven nun massiv um 75 Millionen Barrel aufzustocken - was rein ökonomisch betrachtet angesichts der enorm tiefen Preise natürlich auch Sinn macht. Zudem wird dadurch die gebeutelte Ölindustrie, die in vielen Regionen der USA eine bedeutende Rolle spielt, gestützt. Der WTI-Mai-Kontrakt ist dadurch nun zumindest wieder leicht ins Plus gedreht. WTI-Öl, das im Juli geliefert werden soll, lag immerhin wieder bei 21 Dollar.
Der Ausnahmezustand am Ölmarkt zeigt einerseits, wie stark Angebot und Nachfrage derzeit auseinanderklaffen. Die Corona-Pandemie legt die ohnehin schon in billigem Öl schwimmende US-Wirtschaft lahm - der Bedarf an dem Rohstoff sinkt dadurch kräftig.
Andererseits handelt es sich auch um ein spezielles Phänomen, bedingt durch den am Dienstag verfallenden Terminkontrakt auf US-Öl. Bei solchen Verträgen verpflichtet sich der Verkäufer, eine Menge Öl zu einem festen Preis und Termin zu liefern. Doch Verwendung für den Rohstoff haben viele am Finanzmarkt gar nicht, sie spekulieren nur auf Preisschwankungen - und mussten zum Kontraktende diesmal teuer dafür bezahlen.
Ölhändler verwundert
Selbst abgebrühte Finanzprofis zeigten sich angesichts der extremen Marktsituation am Montag perplex. "Ich hätte nie gedacht, dass ich den Tag erlebe, an dem Öl so niedrig handelt", erklärte Neil Wilson vom Finanzdienstleister Markets.com. Das Hauptproblem ist, dass die Öllager in den USA überzulaufen drohen. Investoren wollen unbedingt vermeiden, auf fehlenden Lagerplatz zu stoßen.
Die Situation ist bereits prekär: Seit Ende Februar sind die Lagerbestände im wichtigen Auslieferungsort Cushing um fast 50 Prozent gestiegen. Laut Experte Moya reflektiert der Preiskollaps, dass Händler sich nun weiter in die Zukunft orientieren müssen. Das zeigt sich auch am nachfolgenden WTI-Kontrakt, der eine Lieferung im Juni vorsieht. Dieser rutschte am Montag zwar auch stark ab, schloss aber mit 20,43 Dollar wesentlich höher als der Mai-Kontrakt.
Mit dem verrückten Handelsverlauf gestern könnte zumindest bei WTI-Öl nun die Spitze der Übertreibungsphase erreicht worden sein. Es dürfte jedoch noch längere Zeit dauern, bis sich der Ölmarkt nachhaltig wieder stabilisiert. Dies sollte natürlich in erster Linie davon abhängen, wie sich die Weltwirtschaft und damit die Ölnachfrage weiter entwickelt.
Energie-Aktien wie etwa Royal Dutch Shell haben sich im gestrigen Handel noch relativ robust gezeigt. Dennoch drängt sich ein Neueinstieg angesichts der jüngsten Kapitulation am Ölmarkt noch nicht auf. Wer bereits investiert ist, beachtet den Stopp bei 11,80 Euro.
Mit Material von dpa-AFX
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