Nach positiven Daten zum Abnehmpräparat und potenziellen Milliarden-Blockbuster Danuglipron kann Pfizer einen weiteren Studienerfolg vorweisen. Marstacimab, ein Wirkstoffkandidat zu Hämophilie, umgangssprachlich auch bekannt als Bluterkrankheit, konnte sich in einer Phase-3-Studie mit hohem Behandlungserfolg und großer Verträglichkeit bewähren. Neuigkeiten gibt es auch in Bezug auf die geplante Übernahme von Seagen. Potenzial für die Aktie, nach einer gnadenlosen Talfahrt endlich einen Boden zu finden?
Schätzungen zufolge leiden weltweit rund 400.000 Menschen an der Erbkrankheit Hämophilie. Das Fehlen sog. Gerinnungsfaktoren verhindert, dass das Blut betroffener Personen gerinnen kann. Selbst bei harmlosen Wunden laufen Patienten daher Gefahr zu verbluten. Zwar sind Gentherapien zur ursächlichen Behandlung in Erforschung, bislang gibt es allerdings nur eine in der Europäischen Union zugelassene, vom US-Unternehmen BioMarin Pharmaceutical entwickelte Therapie zur Behandlung besonders schwerer Fälle. Die Standardtherapie behandelt symptomatisch, Patienten müssen sich die fehlenden Gerinnungsfaktoren also kontinuierlich selbst verabreichen.
Ungeachtet der vergleichsweise kleinen Gruppe von Betroffenen wird der globale Markt zur Behandlung von Hämophilie auf rund 13 Mrd. Dollar geschätzt. Laut einer Branchenstudie soll dieser Markt bis 2031 mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von 7,5 Prozent auf 27 Mrd. Dollar wachsen. Bislang vertreten sind hauptsächlich Bayer, Novo Nordisk, Takeda und Pfizer, wobei Pfizer mit seiner jüngsten Studie einen Trumpf landen könnte: Marstacimab soll nicht nur wirksamer als bisherige Präparate sein, sondern kann statt intravenös subkutan verabreicht werden, was die Handhabung für Patienten deutlich vereinfacht. Die US-Gesundheitsbehörde FDA führt Marstacimab in ihrer sog. Fast-Track-Liste. Nach dem Studienerfolg könnte das Medikament daher bereits in Kürze zugelassen werden.
Einen weiteren Meilenstein hat Pfizer auch bei seinem Vorhaben, Seagen zu übernehmen, genommen. Die Aktionäre des von Pfizer mit 43 Mrd. Dollar bewerteten Biotech-Unternehmens haben der Übernahme mit einer Annahmequote von 99 Prozent zugestimmt. Solange die US-Wettbewerbsbehörde FTC keine Einwände hat, könnte die Übernahme noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. Mit einer Blockade des Deals verbundene Risiken müssten dann ausgepreist werden.
Auch ohne weitere Studien- und Zulassungserfolge oder die Übernahme von Seagen, das vor allem mit einer starken Wirkstoffpipeline zu überzeugen weiß, ist Pfizer fundamental äußerst günstig bewertet. Sowohl beim Kurs-Gewinn-, als auch beim Kurs-Cashflow-Verhältnis liegt Pfizer deutlich unter dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Wer auf dem aktuellen Kursniveau einsteigt, erhält basierend auf den Schätzungen für dieses Jahr eine Gesamtrendite (Summe aus Gewinn- und Dividendenrendite) von 13,4 Prozent und damit ein Niveau weit über dem Gesamtmarkt.
Technisch bietet Pfizer ein trauriges Bild. Die Aktie ist seit ihrem Allzeithoch im Januar 2022 fest in der Hand der Bären, selbst zwischenzeitlich aussichtsreiche Bodenbildungsversuche scheiterten bereits mehrfach. Mit einem RSI von 26, dem schwächsten Stand seit dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008, war die Aktie zuletzt klar überverkauft. Selbst im Fall weiterer Abgaben dürfte die Aktie daher nur noch moderat verlieren. Für eine Trendwende gibt es bislang nur wenige Hinweise, im Tageschart ist aber unbedingt die bullische Divergenz im RSI im Auge zu behalten. Daraus könnten auf Sicht einiger Wochen durchaus Aufwärtsimpulse entstehen!
Mit den jüngsten Studienerfolgen ruft Pfizer Investoren in Erinnerung, dass es auf einer prall gefüllten Wirkstoffpipeline sitzt, die mit einer erfolgreichen Übernahme von Seagen nur noch größer werden würde. In Kombination mit der fundamental ausgesprochen günstigen Bewertung sollte die Aktie auf keiner Watchlist Value-orientierter Investoren fehlen. Für eine klare Kaufempfehlung und einen Einstieg sollte allerdings eine Bodenbildung abgewartet werden, ein durchaus vielversprechendes Signal ist bereits in Arbeit.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Pfizer