Die Lage auf dem Automarkt in China spitzt sich weiter zu. Seit Tesla im vergangenen Oktober begonnen hat, die Preise für seine Fahrzeuge zu reduzieren, tobt im Reich der Mitte eine regelrechte Preisschlacht. Nach Bloomberg-Daten wurde in den letzten drei Monaten jedes fünfte Fahrzeug um über 10.000 Yuan (circa 1.325 Euro) reduziert.
Davon unbeirrt zeigt sich derweil Nio. William Li, CEO des chinesischen Newcomers, bestätigte in einem Interview gegenüber CNBC erneut, der Autobauer werde sich definitiv nicht an dem Preiskrieg beteiligen. Man werde die Preise hoch halten. Die Produkte und Dienstleistungen seien ihren Preis wert, so der Manager. Nio werde sich auf die Verbesserung des Kundenservice – etwa den Ausbau der Batteriewechsel- und Ladestationen – konzentrieren. Etwas überraschend kommt die Mitteilung, da Nio zumindest Anfang Februar zu Preisnachlässen gegriffen hat.
Statt weiteren Nachlässen verteuert der Konzern sein Angebot jetzt aber sogar. So kündigte Nio letzte Woche an, dass für das Fahrassistenzsystem zukünftig 380 Yuan (50 Euro) monatlich fällig werden – bisher wurde dieser Service, zu Testzwecken, kostenlos angeboten. Auch die Zahl der kostenfreien Batteriewechsel soll ab Juni bei einigen Modellen von sechs auf vier reduziert werden. Zusammen mit gesunkenen Rohstoffpreisen soll so die Marge verbessert und im vierten Quartal mit dem Kerngeschäft die Profitabilität erreicht werden.
Flucht nach Europa
Aufgrund des in China verschärften Wettbewerbs fasst Nio nun nochmals verstärkt den europäischen Markt ins Auge. Im Vorfeld der Automesse in Shanghai erklärte William Li, im nächsten Quartal werde ein Kompaktmodell vorgestellt, das auf die europäischen Bedürfnisse angepasst sei. Nächstes Jahr solle zudem eine neue Marke für Europa gelauncht werden.
William Li blickt zuversichtlich in die Zukunft. Nio scheint den Fokus nun vor allem auf die Profitabilität zu legen. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur und die Forschung und Entwicklung sind allerdings sehr kapitalintensiv. Bezüglich der Preisschlacht sollte nicht vergessen werden, dass auch Nio im Februar schon Nachlässe gewährte. Ob sich der Konzern in Europa durchsetzen kann, bleibt ebenfalls abzuwarten. Chinesische Hersteller taten sich dabei bisher immer schwer. Aktuell überwiegen bei dem Konzern, der zwar mit einer starken Produktpalette glänzt, die Unsicherheiten. Anleger bleiben an der Seitenlinie.
Hinweis: Der Handel mit Anteilen chinesischer Unternehmen ist mit erheblichen politischen und rechtlichen Unsicherheiten verbunden. Für Anleger besteht ein erhöhtes Totalverlustrisiko. DER AKTIONÄR rät dazu, nur in Einzelfällen und mit geringer Gewichtung in China-Aktien zu investieren.