Die Netflix-Aktie hat zuletzt deutliche Verluste verkraften müssen. Der Grund: Laut einem Bericht von Digiday habe der Streaming-Dienst, die im Rahmen seiner Werbedeals festgelegten Zuschauerreichweiten nicht erreicht und deshalb einigen Werbekunden Rückerstattungen ermöglicht. Haben Anleger zuviel Hoffnungen in das Werbe-Abo gesetzt?
Netflix setzt im Rahmen seines Werbe-Abonnements auf einen sogenannten „Pay on delivery“-Ansatz, bei dem Werbekunden nur für die Zuschauer bezahlen, die auch tatsächlich erreicht werden. Laut dem Digiday-Bericht erzielte der Streaming-Dienst jedoch nicht die zuvor angedachten Reichweiten. In einigen Fällen sollen nur etwa 80 Prozent der anvisierten Zuschauer die Werbespots gesehen haben.
Der Bericht ist ein Hinweis darauf, dass das Netflix-Management die Nachfrage eines werbeunterstützten Streaming-Angebotes zu optimistisch eingeschätzt hat. Auf der anderen Seite muss man zugutehalten, dass das Werbeabo noch in den Kinderschuhen steckt und Netflix beim Launch mächtig auf die Tube drückte.
Auch Netflix-Bär Matthew Harrigan vom Analysehaus Benchmark schreibt, dass sich das Management sowohl bei der Preisgestaltung als auch bei der Reichweitenprognose überschätzt hat. Es sei jedoch zu früh um das Werbe-Abo jetzt schon abzuschreiben. Gleichzeitig sei es laut dem Analysten aber auch zu früh, um abzuschätzen, ob Netflix mit dem Angebot nicht doch nur die eigenen Premium-Abonnenten kannibalisiert.
Die Analysten von Oppenheimer verweisen diesbezüglich auf Daten der Analytics-Firma Antenna: Das neue Angebot sei für neun Prozent der im November neu hinzugestoßenen Abonnenten verantwortlich, 57 Prozent davon wären ehemalige Abonnenten gewesen, die mit dem günstigeren Angebot wieder angelockt wurden.
Oppenheimer-Analyst Analyst Jason Helfstein zeigte sich zudem nicht überrascht, dass der Launch des Werbeabonnements nicht reibungslos verläuft. Gleichzeitig vermutet er, dass der US-Konzern seine Abonnenten am Anfang nicht mit so vielen Anzeigen überfluten will.
Es bleibt spannend wie sich das Werbe-Abonnement auf die Umsatz- und Nutzerentwicklung auswirkt. Eine abschließende Beurteilung dürfte erst im Laufe des kommenden Geschäftsjahres möglich sein – und auch nur, wenn die Werbetreibenden nicht von einer Rezession verscheucht werden.
DER AKTIONÄR bleibt von einem Erfolg überzeugt. Mit einem Kursanstieg von 69 Prozent in den vergangenen sechs Monaten haben die Anleger aber schon reichlich Vorschusslorbeeren verteilt. Weitere negative Berichte zum Werbe-Abonnement könnten diese optimistische Grundstimmung empfindlich stören. Wer seit der Juni-Empfehlung bei der Netflix-Aktie dabei ist, sollte daher in einem schwachen Gesamtmarkt über kleine Gewinnmitnahmen nachdenken.
Hinweis auf Interessenkonflikte:
Der Autor hält unmittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren: Netflix.