Netflix konnte die hohen Erwartungen der Börsianer mit den Zahlen für das zweite Quartal nicht erfüllen. Nach der enormen Rally der vergangenen Monate bricht dir Aktie heute um mehr als zehn Prozent ein. Das ist bitter, aber kein Grund zur Panik.
Hauptgrund für die herben Verluste: Netflix hat die eigene Neukundenprognose klar verfehlt. Statt der angepeilten 6,2 Millionen neuen Abonnenten kamen im zweiten Quartal nur rund 5,2 Millionen Nutzer hinzu. Speziell im heimische US-Markt fiel der Zuwachs mit einem Plus von 670.000 Abonnenten nicht annähernd so hoch aus wie erwartet (Prognose: 1,2 Millionen) – und das, obwohl Netflix bereits mit höheren Marketingausgaben auf die zunehmende Marktsättigung in den USA reagiert hat.
Laut Berechnungen des Marktforschungsunternehmens Ampere Analysis muss Netflix in den USA inzwischen rund 100 Dollar in die Hand nehmen, um einen Neukunden zu gewinnen – 40 Prozent mehr als in den Jahren 2013 bis 2015. Der Studie zufolge muss ein US-Kunde anschließend mindestens elf Monate dabeibleiben, damit sich dieses Investment für den Streaming-Dienst auszahlt. Im internationalen Geschäft lägen die Kosten für einen Neukunden dafür relativ stabil zwischen 40 und 45 Dollar.
Gewinn fast versechsfacht
Obwohl Netflix zwischen April und Juni fast eine Million Abonnenten weniger gewonnen hat als erhofft, ist der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 40 Prozent auf 3,91 Milliarden Euro nach oben geklettert und kam der Analystenschätzung von 3,94 Milliarden Euro dennoch recht nahe. Der Gewinn pro Aktie ist sogar um 467 Prozent auf 0,85 Dollar nach oben geschossen und lag damit über den Erwartungen (Prognose: 0,79 Dollar).
Quelle: Netflix
Insgesamt beschreibt das Unternehmen die Q2-Performance im Brief an die Aktionäre als „stark, aber nicht herausragend“ – und darin liegt auch das Problem: Nachdem sowohl der Aktienkurs, als auch die Bewertung in den letzten Monaten in luftige Höhen geklettert sind, wollen sich die erfolgsverwöhnten Investoren mit nichts Geringerem als „herausragend“ zufriedengeben.
Hinzu kommt, dass das Management für das laufende dritte Quartal eine vorsichtigere Prognose ausgegeben hat: Mit fünf Millionen neuen Abonnenten soll das Wachstum geringer ausfallen als im Vorjahreszeitraum (Q3/17: plus 5,3 Millionen). In den vorherigen Quartalen war Netflix mit den Prognosen nicht nur Mutiger geworden, sondern hatte diese anschließen auch vier Quartale lang regelmäßig und deutlich übertroffen. Der Umsatz soll derweil um rund ein Drittel auf 3,99 Milliarden Dollar und der Gewinn pro Aktie 135 Prozent auf 0,68 Dollar steigen.
Quelle: Netflix
Bodenbildung abwarten!
Die Anleger haben enttäuscht auf die Zwischenbilanz reagiert und die Netflix-Aktie zum US-Handelsstart um bis zu 14 Prozent einbrechen lassen. Zwar schmilzt das Minus bereits, dennoch schmerzt der heutige Verlust und auch das bullenstarke Momentum der vergangenen Monate ist erst einmal dahin.
Nach dem Kursverdoppler ist eine zwischenzeitliche Korrektur allerdings auch nicht ungewöhnlich. Zudem bleibt Netflix trotz des heutigen Rücksetzers mit plus 90 Prozent seit Jahresbeginn der Top-Performer im Nasdaq 100. Wer investiert ist, bleibt daher dabei und behält sicherheitshalber den Stopp bei 275 Euro im Auge. Mutige Neueinsteiger sollten zwar nicht ins fallende Messer greifen, können bei einer Bodenbildung aber auf eine zügige Gegenbewegung setzen.