Der Münchner Triebwerksbauer MTU Aero Engines hat besser als zuvor erwartete Quartalszahlen vorgelegt. CEO Reiner Winkler konkretisiert daraufhin seine Prognosen fürs Gesamtjahr. Unter anderem wird auch die Gewinnentwicklung nach oben angepasst. An der Börse sorgt das am Freitag dennoch nicht für Jubelstürme.
Im zweiten Quartal steigerte MTU den Umsatz im Vergleich zu dem vom ersten Lockdown geprägten Vorjahreszeitraum um 31 Prozent auf gut eine Milliarde Euro. Der bereinigte operative Gewinn legte von 42 Millionen auf 103 Millionen Euro zu und übertraf damit die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten. Unter dem Strich konnte das Unternehmen den Gewinn auf 54 Millionen Euro mehr als vervierfachen.
Das Unternehmen traut sich nach dem Umsatz- und Gewinnsprung im zweiten Quartal eine konkretere Prognose für das laufende Jahr zu. MTU-Vorstandschef Reiner Winkler rechnet für 2021 jetzt mit einem Umsatz von 4,3 bis 4,5 Milliarden Euro. Damit engte er seine bisherige Prognosespanne an beiden Enden um jeweils 100 Millionen Euro ein.
Bei der Gewinnentwicklung wird Winkler etwas optimistischer: So sollen jetzt 10 bis 10,5 Prozent des Umsatzes als bereinigter operativer Gewinn (bereinigtes Ebit) beim Unternehmen hängen bleiben. Bisher hatte er mindestens 9,5 Prozent angepeilt.
Daher muss der Konzern in der zweiten Jahreshälfte noch etwas zulegen. Dass dies gelingt, machen Winkler und Finanzchef Peter Kameritsch an einer veränderten Nachfrage fest. So dürfte das Wartungsgeschäft in diesem Jahr statt um 15 bis 25 Prozent nur um 15 bis 20 Prozent zulegen.
Dafür soll das Militärgeschäft um einen mittleren bis hohen einstelligen Prozentsatz wachsen. Und im Seriengeschäft (OEM) mit neuen Triebwerken und Ersatzteilen erwartet der Vorstand ein Umsatzplus im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich - in beiden Fällen mehr als bisher gedacht.
Gerade das OEM-Geschäft könnte den Gewinn deutlich nach oben treiben. Zum Vergleich: Im zweiten Quartal war die operative Marge in diesem Segment mit 18 Prozent mehr als dreimal so hoch wie in der Wartungssparte. Denn an Ersatzteilen verdienen Triebwerkshersteller besonders viel.
Die MTU-Aktie zeigt sich in abgeschwächtem DAX-Umfeld am Freitag-Mittag ebenfalls leichter. Mit einem Kursabschlag von 1,5 Prozent auf 208,80 Euro notiert die Aktie nun auch wieder unter der 50-Tage-Linie, die aktuell bei 209,90 Euro verläuft.
Analysten plädieren derzeit mehrheitlich für ein Halten der MTU-Aktie. Im Schnitt haben sie ein Kursziel von knapp 204 Euro auf dem Zettel - und damit knapp unterhalb des aktuellen Kursniveaus. Allerdings ist die Spanne der Kursziele groß: So hat Warburg-Analyst Christian Cohrs mit 160 Euro das niedrigste Kursziel ausgegeben, während sich die Experten der Investmentbank Kepler Cheuvreux mit 242 Euro am optimistischsten zeigen.
Das Geschäft von MTU hängt davon ab, dass Fluggesellschaften neue Flugzeuge von Airbus, Boeing oder Embraer kaufen, an deren Antrieben der Münchner Konzern mitarbeitet.
Dabei kann sich MTU glücklich schätzen, stärker mit Airbus im Geschäft zu sein als mit Boeing. Denn der US-Konzern hat noch immer mit dem Debakel um seinen Mittelstreckenjet 737 Max zu kämpfen, der nach zwei tödlichen Abstürzen rund 20 Monate lang weltweit nicht mehr abheben durfte. Mit dem Antrieb des Krisen-Jets hat MTU nichts am Hut.
Doch Boeings Probleme gehen auch an MTU nicht spurlos vorbei. Schon zum Jahreswechsel verbuchten die Münchner eine Sonderbelastung von 70 Millionen Euro, weil der US-Konzern die Erstauslieferung seines runderneuerten Großraumjets 777X um drei Jahre verschieben musste.
Und wegen der Qualitätsprobleme bei Boeings Langstreckenjet 787 'Dreamliner' verzögern sich die Auslieferungen fertiger Maschinen. MTU ist an den Triebwerken von General Electric für die 777X und den 'Dreamliner' beteiligt. . (Mit Material von dpa-AFX)
Die konkretisierte Umsatz-Prognose sowie die erhöhten Gewinnaussichten machen Hoffnung. Doch MTU bleibt stark abhängig von einem weiter anziehenden Reiseverkehr und neuen Aufträgen aus der Luftfahrtbranche. DER AKTIONÄR hält den DAX-Wert auf einer Watchlist und rät Anlegern entsprechend zum Abwarten.
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