In den vergangenen Monaten wurde Europas größte Fluggesellschaft von mehreren Arbeitsniederlegungen betroffen. Nun sorgt ein Streik des Lufthansa-Kabinenpersonals für viele Flugausfälle. Auch die Töchter Cityline und Austrian sind betroffen. Der Schaden für die Lufthansa wächst. Die Analysten sind über die weiteren Aussichten der Aktie gespalten.
Die diversen Arbeitskampfmaßnahmen in den vergangenen Wochen haben die Deutsche Lufthansa nach Unternehmensangaben bislang mehr als 100 Millionen Euro gekostet. Darüber hinaus hielten sich zahlreiche Kunden mit Buchungen zurück, wie Finanzvorstand Remco Steenbergen bereits am Donnerstag bei der Bilanzvorlage sagte.
Seit Dienstag-Morgen streikt nun das von der Gewerkschaft Ufo organisierte Kabinenpersonal am Frankfurter Flughafen. Die Gewerkschaft fordert für die etwa 18.000 Kabinenbeschäftigten der Lufthansa und die knapp 1.000 Kräfte der Regional-Tochter Cityline im Kern 15 Prozent mehr Geld bei einer Vertragslaufzeit von 18 Monaten. Außerdem will Ufo eine Inflationsausgleichsprämie von 3.000 Euro sowie höhere Zulagen erreichen.
An Deutschlands größtem Flughafen fallen am Dienstag praktisch alle Lufthansa-Abflüge aus. Die Lufthansa geht davon aus, dass wegen des Ausstands 600 Flüge in Frankfurt nicht abheben, 70.000 Passagiere seien davon betroffen.
Am Mittwoch München, am Donnerstag Austrian
Am morgigen Mittwoch hat Ufo dann das Lufthansa-Kabinenpersonal am Flughafen München von 4.00 Uhr bis 23.00 Uhr zum Streik aufgerufen. Dort werden nach Einschätzung der Lufthansa 400 Flüge mit 50.000 betroffenen Fluggästen nicht abheben können. "Der Ufo-Streik ist bitter für unsere Fluggäste", sagte Personalvorstand Michael Niggemann. Der Arbeitskampf sei der falsche Weg. "Eine Lösung gibt es nur am Verhandlungstisch."
Bei der österreichischen Lufthansa-Tochter Austrian Airlines (AUA) fallen zudem am Donnerstag 110 Flüge aus. Das sind knapp ein Drittel der geplanten Verbindungen, wie die AUA am Montagabend mitteilte. Auch Routen von und nach Deutschland sind betroffen. Rund 9.000 Passagiere seien von den Ausfällen der österreichischen Fluglinie betroffen.
An der Börse sorgten die Warnstreiks bereits seit Anfang Februar für deutliche Kursrückgänge. Die Lufthansa-Aktie rutschte von etwa 7,87 Euro bis auf 6,70 Euro am gestrigen Montag ab. Am Dienstag erholt sich der MDAX-Wert im Xetra-Handel in freundlichem Umfeld um gut ein Prozent auf 6,86 Euro.
Analysten sind nicht euphorisch
Für Enttäuschung an der Börse sorgte zuletzt auch der Ausblick. Die Fluggesellschaft stellt für das laufende Jahr ein operatives Ergebnis auf Vorjahresniveau in Aussicht. Der Anstieg der Ticketpreise dürfte fürs Erste vorbei sein. Und so viele Tickets wie vor der Pandemie wird die Lufthansa auch 2024 noch nicht wieder anbieten. Zudem blieb die für 2023 vorgeschlagene Dividende etwas hinter den Erwartungen von Analysten zurück.
Die britische Investmentbank Barclays bleibt mit ihrer Einstufung für Lufthansa auf "Equal Weight" und einem Kursziel von 8 Euro zurückhaltend. Analyst Andrew Lobbenberg erwähnte den eskalierenden Tarifkonflikt, die Entwicklung der Einnahmen und Kosten pro Sitzplatz 2024, mögliche Produktivitätssteigerungen sowie potenzielle Zukäufe.
Optimistischer ist Dirk Schlamp von der DZ Bank. Er hat zwar den fairen Wert für Lufthansa nach den Zahlen von 11 auf 10 Euro gesenkt, die Einstufung aber auf "Kaufen" belassen. Die Resultate und die Auszahlung einer Dividende unterstreichen das Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit und die Profitabilität der Fluggesellschaft, schrieb der Analyst kürzlich. Er hob die attraktive Bewertung der Aktie und den intakten Erholungstrend hervor.
Flugindustrie "nahe am Optimum"
Wenn hingegen Analyst Guido Hoymann von der Metzler Bank Recht behält, dann dürfte die Flugindustrie vor schmerzhaften Einschnitten stehen. Die Knappheit an Flugzeugen, Motoren und Piloten habe die Ticketpreise nach oben getrieben. Das Verkehrsaufkommen auf kurzen, mittleren und langen Strecken nähere sich den Niveaus von vor der Pandemie. Die Nachfrage nach Reiseflügen sei bereits über diesem Niveau, weiteres Wachstum schwer. Hoymanns Fazit: Die Flugbranche dürfte in diesem Jahr "nahe am Optimum" sein. Als Konsequenz stufte der Experte die Lufthansa-Aktie in der vergangenen Woche von "Buy" auf "Hold" ab.
Die Lufthansa-Aktie kommt mit den belastenden Arbeitskämpfen vorerst nicht aus ihrem Abwärtstrend heraus. Charttechnisch ist sogar ein Test des Herbst-Tiefs bei 6,53 Euro möglich. Anleger bleiben daher vorerst weiterhin an der Seitenlinie und warten mit Käufen auf eine erkennbare Bodenbildung. Die Favoriten des AKTIONÄR im Sektor bleiben weiterhin Norwegian Air Shuttle sowie Ryanair, die mit ihren Geschäftsmodellen besser aufgestellt sind.
Die Lufthansa-Aktie ist gemeinsam mit Ryanair und Norwegian auch Mitglied im Recovery Index von DER AKTIONÄR. Der Index setzt auf eine Erholung des Konsumbereichs nach der Corona-Pandemie. Unter den 14 Werten finden sich zum Beispiel auch Luxusgüter-Hersteller Louis Vuitton, Modeunternehmen Capri Holding oder Sportartikel-Riese Nike. Mit einem Index-Tracker-Zertifikat (etwa WKN: MC6R9W) können Anleger auf einen ganzen Korb von aussichtsreichen Turnaround-Werten setzen.
Weitere Informationen zum Recovery Index finden Anleger unter diesem Link.
(Mit Material von dpa-AFX)
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Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Deutsche Lufthansa.