Die Lufthansa steht vor einer Woche der Wahrheit. Eine Entscheidung über Staatshilfen – und deren Bedingungen – rückt näher, der DAX-Konzern verhandelt bereits seit längerem mit der Bundesregierung. "In diesen Tagen wird über die Zukunft der Lufthansa entschieden", so CEO Carsten Spohr laut vorab veröffentlichtem Redetext bei der Hauptversammlung an diesem Dienstag.
Die Lufthansa verhandelt über Staatshilfen in Höhe von insgesamt rund zehn Milliarden Euro. Im Gespräch ist dem Vernehmen nach, dass ein Teil davon als stille Beteiligung fließt und der Bund dafür gut 25 Prozent der Anteile erhält und auch im Aufsichtsrat vertreten ist.
Spohr hatte allerdings einen größeren Einfluss des Staates auf das Unternehmen zuletzt abgelehnt - und wird dies auch bei der Aktionärsversammlung tun, die wegen der Corona-Krise nur im Internet übertragen werden soll. "Wir sind unverschuldet in diese Krise geraten. Jetzt brauchen wir staatliche Unterstützung. Aber wir brauchen keine staatliche Geschäftsführung", sagt er laut Manuskript.
Das Geld wird knapp
Das Dilemma des Konzerns ist groß: Von rund 760 Flugzeugen stehen etwa 700 am Boden, 3.000 Flüge pro Tag sind gestrichen, mehr als 80.000 der insgesamt 130.000 Mitarbeiter sind in Kurzarbeit, statt 350.000 Passagieren täglich fliegen nun nur etwa 3.000 mit der Lufthansa und ihren Konzerntöchtern. Derzeit verfügt die Lufthansa noch über mehr als vier Milliarden Euro Liquidität. Doch jede Stunde verliert sie aufgrund des Stillstands operativ eine Million Euro. Anstelle des direkten Staatseinstiegs prüft die Lufthansa auch eine Insolvenz in Eigenverwaltung. An diesem Montag will der Vorstand mit dem Aufsichtsrat die Lage beraten.
Nicht nur mit der Bundesregierung wird verhandelt
Aus Regierungskreisen hieß es zuletzt, die Verhandlungen dauerten an. In einem Schreiben an die Mitarbeiter zeigte sich der Lufthansa-Vorstand zuversichtlich: "Nach unserer Einschätzung können diese Gespräche zu einem baldigen Abschluss geführt werden." Doch die Bundesregierung ist nicht der einzige Ansprechpartner. Wegen der Töchter Austrian Airlines (AUA), Brussels Airlines, Swiss und Edelweiß muss Spohr auch mit den Regierung von Österreich, Belgien und der Schweiz reden.
Während es aus Bern bereits die Zusage für einen milliardenschweren Kredit gibt, dauern die Verhandlungen mit Wien an. Österreich verlangt Zusicherungen und Garantien für das AUA-Drehkreuz Wien. Auch die belgische Regierung stelle Forderungen im Gegenzug für 290 Millionen Euro als Liquiditätshilfe für die Tochterfirma Brussels Airlines, berichteten die Zeitungen "L'Echo" und "De Tijd". Ministerpräsidentin Sophie Wilmès habe in einem Brief an Spohr eine klare Perspektive des Brüsseler Flughafens als Drehkreuz angemahnt. Zur Debatte stehe auch eine Staatsbeteiligung mit einem möglichen Vetorecht bei der Unternehmenspolitik, etwa bei Reisezielen.
DER AKTIONÄR rät Anlegern angesichts der großen Unsicherheit darüber, wie groß die die Kapitalerhöhung ausfallen wird und wann ein halbwegs "normaler" Flugbetrieb wieder aufgenommen werden kann, weiterhin dazu, vorerst an der Seitenlinie zu verharren.
(Mit Material von dpa-AFX)
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die durch die durch die Publikation etwaig resultierende Kursentwicklung profitieren: Lufthansa.