Die Lufthansa hat sich gegen verschiedene Vorhaben der neuen Bundesregierung zum Verbraucherschutz beim Fliegen gewandt. So hält es der Luftverkehrskonzern etwa für unnötig, Flugtickets künftig wie Pauschalreisen mit einer teuren Insolvenzabsicherung zu versehen. Die Insolvenz einer Fluggesellschaft habe in den Jahren 2011 bis 2019 nur 0,04 Prozent der Passagiere getroffen, betonte das Unternehmen.
Als weiteres Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag sieht Lufthansa kritisch, dass Entschädigungsleistungen an die Kunden automatisiert zu leisten sein sollen. Es müsse stattdessen weiterhin möglich sein, die Ansprüche im Einzelfall zu prüfen. Dass nach dem Willen der Bundesregierung bei verspäteten Flügen weiter hohe pauschale Entschädigungen greifen sollen, lehnt der Konzern ebenfalls ab.
Komplexer ist der Plan der Ampel, den Airlines künftig sogenannte No-Show-Regeln in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu untersagen. Solche Regeln schreiben vor, dass Flugreisen nur in der auf dem Flugschein angegebenen Reihenfolge angetreten werden dürfen. Wird ein Teilflug nicht angetreten, verfällt das gesamte Ticket. Die Fluggesellschaften bieten Umsteigetickets mit solchen Regelungen auf nichtheimischen Märkten zu Kampfpreisen an - und sehen bei einem Verbot ihr Platz-Management bedroht. In dem Lobby-Brief heißt es dazu: "Das untergräbt eine regional und im Wettbewerb angemessene Preisgestaltung und kann dazu führen, dass regelmäßig nicht voll besetzte Flugzeuge fliegen."
Verbraucherzentrale befürwortet Neuregelung
"Gerade die letzten Jahre haben gezeigt, dass im Luftverkehr einiges im Argen liegt", meint hingegen Reise-Expertin Marion Jungbluth von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Sie erinnert an die Pleite von Air Berlin im Jahr 2017, bei der etliche Passagiere auf ihren Ticketkosten sitzengeblieben sind. Oder an den Chaos-Sommer 2018 mit zahllosen Flugausfällen und Verspätungen. Oder an die chaotischen Zustände bei Lufthansa und anderen Fluggesellschaften, als mit Ausbruch der Corona-Krise im Frühjahr 2020 Millionen Passagiere ihre im Voraus gezahlten Tickets erstattet haben wollten. Statt das Geld wie vorgeschrieben innerhalb von sieben Tagen herauszugeben, schalteten die Airlines ihre automatischen Erstattungssysteme ab, boten Gutscheine an oder zahlten erst sehr viel später. Das diente auch dazu, einen schnellen Abfluss von Liquidität und damit die Pleite zu verhindern. Allein bei der Lufthansa ging es 2020 um rund drei Milliarden Euro.
Die Zahl der Probleme und Herausforderungen für die Lufthansa reißt nicht ab. Aufgrund des anhaltend schwierigen Marktumfelds drängt sich ein Kauf der Aktie nach wie vor nicht auf.
Hinweis auf Interessenkonflikte: Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Lufthansa.
Mit Material von dpa-AFX