Sein Wort hat Gewicht: Jim Rogers, Börsenlegende und Rohstoffguru, spricht im exklusiven Interview mit dem Deutschen Anleger Fernsehen über seine Einschätzung der gegenwärtigen Situation an den Märkten und über das, was uns in nicht allzu ferner Zukunft blühen könnte.
DEUTSCHES ANLEGER FERNSEHEN: Herr Rogers, wie bewerten Sie die Entscheidung der Schweizerischen Nationalbank, den Mindestkurs des Franken zum Euro aufzuheben?
JIM ROGERS: Die Koppelung an den Euro war von vorne herein ein großer Fehler und hätte nie passieren dürfen! Die SNB versucht nun, diesen Fehler rückgängig zu machen. Wenn die EZB den Markt wie angekündigt mit Euro flutet, setzt das den Franken noch mehr unter Druck. Die SNB musste also handeln. Die Entscheidung hat die Schweiz 80 Milliarden Franken gekostet - das war ein schrecklicher Schritt, aber womöglich der einzige Ausweg.
Das komplette Interview mit Jim Rogers sehen Sie im DAF-Video:
Trotzdem investieren viele Anleger weiter in den Franken. Womit erklären Sie sich diese enorme Stärke?
Im Vergleich zum Euro ist der Franken derzeit lediglich das geringere Übel. Anleger suchen nach einem sicheren Ort, um ihr Geld anzulegen. Momentan gibt es allerdings keine sichere Papierwährung. Ich würde daher nicht automatisch von der Stärke des Franken sprechen.
Viele Unternehmer in der Schweiz haben die Maßnahme stark kritisiert, sie fürchten um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes – wie stehen Sie dazu?
Unternehmen, die aus der Schweiz exportieren, werden natürlich unter der Maßnahme leiden. Große Firmen wie Nestlé oder Lindt und Sprüngli sind aber international aufgestellt und machen einen Großteil ihres Geschäfts im Ausland. Sie profitieren davon, weil ihre Produkte nun günstiger werden.
In den letzten Tagen feierte Gold ein kleines Comeback. Geht es mit dem Goldpreis nun wieder bergauf?
Ich habe erst kürzlich etwas Gold und Minen-Aktien gekauft. Ich rechne damit, dass es im späteren Jahresverlauf oder nächstes Jahr noch gute Gelegenheiten geben wird, um noch mehr Gold zu kaufen. 2016 und 2017 werden gute Jahre für den Goldpreis.
Welche anderen Rohstoffe gefallen Ihnen aktuell? Und wo rechnen Sie 2015 mit sinkenden Preisen?
Bei Agrarprodukten bin ich sehr optimistisch. Die Preise sind in den letzten Jahrzehnten deutlich gefallen, für die Zukunft ist die Agrarindustrie aber einer der Bereich der Weltwirtschaft, die ich sehr positiv sehe. Der Ölpreis könnte dieses Jahr noch etwas weiter sinken, bevor er sich wieder erholt. Aber ehrlich gesagt, wüsste ich im Moment keinen Rohstoff, aus dem ich flüchten würde.
Apropos Öl - haben Sie jemals solch einen drastischen Preisverfall beim Öl erlebt?
In den vergangenen Jahrzehnten habe ich schon viele große Abstürze in verschiedenen Märkten gesehen. Aber dieser Absturz des Ölpreises ist der stärkste, den ich in meiner Karriere je gesehen habe. So etwas gab es noch nicht. Der finale Boden mag noch nicht erreicht sein, aber nach diesem erstaunlichen Preissturz muss es früher oder später eine Wende geben.
Die Aktienmärkte befinden sich auf Rekordjagd. Rechnen Sie 2015 mit einer Fortsetzung der Rallye bei Dow Jones und DAX?
Solange die großen Zentralbanken in Europa, Japan oder den USA weiterhin wie wild Geld drucken, werden wir an den Aktienmärkten steigende Kurse sehen. Aber hier lauert die Gefahr: Das ist alles künstlich, das ist nicht echt! Auf Dauer wird die Strategie der Notenbanker nicht funktionieren. Wenn der Strom aus künstlichem Geld irgendwann versiegt, werden die Folgen verheerend sein. Verschuldung und Geldmenge werden im Vergleich zur Finanzkrise 2008 deutlich höher. Wenn es das nächste Mal kracht, wird es furchtbar.
Das sind düstere Aussichten. Wie sollte man sich auf ein solches Szenario vorbereiten?
Es ist schwierig, pauschal Ratschläge zu geben. Anleger müssen sich mit der Möglichkeit eines solchen Szenarios auseinandersetzen und ihre eigenen Schlüsse ziehen. Ich persönlich suche nach Märkten, die nicht künstlich hochgejubelt wurden: Der chinesische Aktienmarkt, der japanische Aktienmarkt, der russische Aktienmarkt, Landwirtschaft. Auch diese Märkte werden in Krisenzeiten leiden, aber vermutlich nicht so schlimm wie andere. Außerdem werden Anleger lernen müssen, short zu gehen. Denn wenn der nächste Crash der Finanzmärkte auf uns zukommt, wird es einer der schlimmsten aller Zeiten.