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11.09.2016 Michel Doepke

Intel: Augen auf – ab in die Zukunft!

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Intel

Virtuelle Welten werden in Zukunft viel stärker unseren Alltag bestimmen. Die Computerbranche wittert das große Geschäft. Intel will sich mit eigener Hardware ein großes Stück vom Kuchen abschneiden.

Haben Sie sich schon einmal vorgestellt, Teil einer virtuellen Welt zu sein? Dinge aus anderen, nie da gewesenen Blickwinkeln zu sehen oder zu fühlen? Virtual- und Augmented Reality machen es möglich. Der Einfluss dieser neuen Technologien auf unsere Gesellschaft ist bereits spürbar, wie der Hype um Nintendos Pokémon Go gezeigt hat. Neben dem Verkaufsschlager von Nintendo stand die diesjährige Games­com in Köln, die größte Messe für interaktive Spiele, ganz im Zeichen dieser fremden, virtuellen Welten. Fünf Tage lang bestaunten und testeten Fachbesucher sowie Zehntausende begeisterte Gamer die neuesten Innovationen und Produkte der Gaming-Branche. Die Fachmesse ist der perfekte Ort, in virtuelle Welten einzutauchen. „Virtual Reality ist das nächste große Ding“, sagte Dr. Maximilian Schenk, Geschäftsführer des Branchenverbands BIU (Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware e.V.). „Mit Virtual Reality entsteht von der Games-Branche entwickelt eine völlig neue Plattform, die nicht nur die gesamte Unterhaltungsbranche dauerhaft verändern wird, sondern auch viele weitere Bereiche der Wirtschaft“, so der Verbandschef. Dass insbesondere Virtual Reality in den kommenden Jahren die Games-Branche dominieren könnte, haben viele Aussteller inzwischen erkannt und fluten den Markt mit VR-Brillen, die neben dem Gaming auch für andere Bereiche wie zum Beispiel in der Medizin oder in der Medienbranche eine Bereicherung sind.

Tech-Giganten in Position

Im hochpreisigen Segment der VR-Brillen sind unter anderem Facebooks Oculus Rift und die HTC Vive vertreten – bis zu 900 Euro kostet eine Brille. Im Herbst geht Sony mit seinem Produkt Sony Playstation VR in die Preisoffensive: Das neue Produkt soll lediglich 400 Euro kosten und mit dem hauseigenen Flaggschiff, der Playstation 4, kompatibel sein. Der Konkurrenzdruck wird darüber hinaus weiter zunehmen. Denn gegen Ende des Jahres plant der US-amerikanische Halbleiterhersteller Intel auf dem VR-Markt eine Revolution – mit einer Weltneuheit. Auf der Intel-Entwicklerkonferenz IDF in San Francisco präsentierte CEO Brian Krzanich das neue Projekt „Project Alloy“ – eine Datenbrille, vergleichbar mit der Facebook-Variante Oculus Rift oder der HTC Vive. In einem wichtigen Punkt unterscheidet sich Intels neues Head-Mounted-Device (HMD) jedoch von den genannten Konkurrenten. Es kommt ohne Kabel aus. Möglich ist dies durch die in der Brille verbaute Hardware. Die gesamte Umgebungserfassung und die Rechenleistung finden direkt im Headset statt. In der Intel-Realsense-Kamera arbeiten drei Kameras wie eine Einheit: eine 1080p-HD-Kamera, eine Infrarot-Kamera und ein Infrarot-Laserprojektor. Da sie die Umgebung ähnlich wie das menschliche Auge wahrnehmen, können sie die räumliche Tiefe und die Bewegungen einer Person erfassen.

Steuerung durch Körperteile

Durch die integrierte Realsense-Tiefenkamera lassen sich die eigenen Hände zur Steuerung virtuell dargestellter Objekte verwenden. Zusätzliche Con­troller und externe Tracking-Sensoren wie beispielsweise bei der HTC Vive werden nicht benötigt. Die Präzision des vorgestellten Prototyps ist erstaunlich – sowohl ein Finger als auch eine ganze Person lassen sich in der virtuellen Welt mit „Alloy“ abbilden. Diese Verbindung aus Virtual und Augmented Reality nennt Intel „Merged Reality“ – in dieser Form bislang einzigartig. Später sollen auch raumgreifende Spiele mit Armen und Händen in virtuellen Welten darstellbar sein. Nach den Plänen von Intel könnte das Wohnzimmer als virtueller Tennisplatz dienen und der alte, schlecht bespannte Tennisschläger aus dem Keller erlebt als Hightech-Spielgerät sein Comeback. Bisher wird jedoch von dem Headset nur ein größerer Bereich des Gesichtsfelds in virtuelle Welten transferiert.

Neuer VR-Erfolg?

Der Halbleiterhersteller wird das Headset „Alloy“ auch nicht selbst produzieren und verkaufen, sondern die Referenzplattform sowie die Softwareschnittstellen Anfang 2017 öffentlich zugänglich machen.
Zusätzlich arbeitet das US-Unternehmen Intel intensiv mit Microsoft zusammen, um auf Basis von Windows Inhalte für „Alloy“ zu optimieren und einen neuen Standard zu entwickeln. Das Betriebssystem Windows Holographic soll ab Januar 2017 für alle VR-Headsets im Rahmen eines Windows-10-Updates erscheinen. Dann könnte „jeder die Project-Alloy-Hardware nehmen, mit Windows Holographic kombinieren und ein Weltklasse-VR-System bauen“, meint Intel-Chef Krzanich. Intel ist seit Längerem auf der Suche nach neuen profitablen Marktbereichen. In den letzten Jahren stag­nierten die Gewinne im Kerngeschäft.

Umstrukturierung belastet

Am 20. Juli veröffentlichte Intel Quartalszahlen. Trotz eines steigenden Umsatzes um 2,6 Prozent auf 13,5 Milliarden US-Dollar reduzierte sich der Nettogewinn um 51 Prozent auf 1,3 Milliarden US-Dollar. Bedingt ist dieser massive Gewinneinbruch durch die Umstrukturierungsmaßnahmen – Kostenpunkt: 1,4 Milliarden Dollar. Ziel ist es, die Entwicklung zukunftsorientierter Geschäftsfelder zu forcieren. Somit soll ein Strategiewechsel vollzogen werden. Der Chiphersteller bleibt dem Kerngeschäft treu – fokussiert sich aber zunehmend auf das Big-Data-Geschäft. So waren es die Server-Chips, die mit einem Umsatzplus von fünf Prozent auf insgesamt vier Milliarden Dollar die Quartalsergebnisse verbesserten. Intel erwartet weiterhin zusätzliche und stärker wachsende Einnahmen im Bereich Big Data als im Hauptgeschäft, das zuletzt unter der mangelnden PC-Nachfrage litt. Zusätzlich versucht der US-Konzern, durch Übernahmen in den zukunftsorientierten Bereichen weiteres Know-how zu gewinnen. Mit der Übernahme von Recon Instruments für 175 Millionen Dollar und dem Erwerb von 30 Prozent der Anteile an Vuzix (beide Hersteller von Datenbrillen) macht der Konzern einen großen Schritt im Rahmen dieser Neuausrichtung. Somit sichert sich Intel mit dem finanziellen Engagement einen wichtigen Anteil am Wachstumsmarkt Virtual Reality.
Nachdem sich der Dow-Jones-Titel viele Jahre auf das Kerngeschäft mit Computer- und Laptop-Chips fokussiert hatte, fehlte es an größeren Wachstumsraten und Innovationen. Zudem verpasste Intel den Anschluss im Markt der mobilen Endgeräte. Nun aber geht die Firma wieder in die Offensive: Mit der neuen VR-Brille „Alloy“ eröffnen sich neue Wachstumsperspektiven für den amerikanischen Chiphersteller. Außerdem erwartet Intel weitere positive Effekte durch die Umstrukturierung und Neuausrichtung.

Intel gibt wieder Gas!

Getrieben von neuen Perspektiven könnte auch die Intel-Aktie über­durchschnittlich profitieren. Aktuell sind die Papiere des US-Konzerns mit einem KGV von 13 für das Jahr 2017 äußerst günstig bewertet. Zudem bietet die Aktie ein aussichtsreiches Chance-Risiko-Profil und wartet mit einer Dividendenrendite von über drei Prozent auf – das ist die Realität! Kaufen und liegen lassen.

Dieser Artikel erschien bereits in der Ausgabe 35/16 von DER AKTIONÄR als Top-Tipp konservativ.

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