Im Vorfeld der Zahlen für das dritte Geschäftsquartal 2021/22 hat sich Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende von Infineon Technologies Austria, zu Themen wie der Sorge vor Überkapazitäten, den zentralen Wachstumstreibern der Branche, dem „Chips Act“ der EU und der Versorgung mit Rohstoffen geäußert.
Die Knappheit bei Halbleitern und Lieferkettenprobleme haben zuletzt dazu geführt, dass viele Unternehmen und Auftragsfertiger neue Chip-Werke bauen wollen. Dass es dadurch zu Überkapazitäten kommen wird, glaubt Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende von Infineon Technologies Austria, jedoch nicht. „Es gibt vielleicht kurzfristig ein Überangebot, das aber sofort durch den großen Bedarf aufgesaugt wird“, sagte sie am vergangenen Freitag beim Salzburg Summit in der Stadt Salzburg.
Auch wenn derzeit 30 bis 40 neue Fabriken angekündigt seien, betrage der Vorlauf des Baus einer neuen High-Tech-Halbleiterfabrik zum einen mindestens zwei bis drei Jahre. Dazu würden die Verfügbarkeit qualifizierter Baufirmen und des entsprechenden Equipments „Flaschenhälse“ darstellen. Zum anderen ging Herlitschka weiter von steigender Nachfrage aus. „Alleine im Bereich Automotive und Industrie wird das Wachstum im Bereich um die zehn Prozent eingeschätzt.“ Die grüne Transformation sei durch den Einsatz von Energieeffizient-Anwendungen ebenfalls ein zentraler Treiber. Der deutsche Halbleiterhersteller hat selbst erst 2021 eine neue Chipfabrik in Villach eröffnet.
Am Markt selbst sei derzeit noch keine Entspannung absehbar. „Chip ist nicht gleich Chip“, sagte Herlitschka. In vielen Bereichen sei man von Lieferanten aus Asien abhängig. Die Halbleiter-Industrie werde auch immer eine globale bleiben. „Aber wo wir in Europa Stärken haben, müssen wir ansetzen.“ Dies sei in Bereichen wie Automotive und Industrie, Sensorik, Cyber-Security oder eben Energieeffizienz-Anwendungen der Fall.
Zugleich mahnte Herlitschka an, die Beschlussfassung zum „Chips Act“ der EU rasch zum Abschluss zu bringen. Die EU will mit einem 43 Milliarden-Euro-Paket den Marktanteil der europäischen Hersteller bis 2030 von derzeit zehn auf 20 Prozent steigern. „Parallel wird sich aber auch der Halbleiter-Markt verdoppeln.“ Der „Chips Act“ sei ein richtiger, wichtiger Schritt. „Aber aus gut gemeint muss auch gut werden“. Problematisch sehe sie - vor allem für kleinere Länder - dass etwa der Ausbau von Produktionskapazitäten national finanziert werden muss. Die Konkurrenz schläft inzwischen nicht: So hätten die USA erst diese Woche einen eigenen „Chips Act“ mit einem Volumen von 53 Milliarden Dollar beschlossen, China investiere bis 2025 geschätzte 150 Milliarden Dollar in den Aufbau einer eigenen Halbleiterindustrie.
Problematisch bleibe auch die Versorgung mit Rohstoffen. Zwar sei Infineon beim Gesamtenergiebedarf nur zu drei Prozent von Gas abhängig, dabei würde es sich aber um Prozessgas wandeln. „Wenn hier die Versorgung wegfällt, wird es heikel“, sagte die Infineon-Austria-Chefin. Darum prüfe man Alternativen wie Wasserstoff oder Biogas. Herlitschka sah auch in Afrika viel Potenzial, um Partnerschaften zu stärken oder zu entwickeln. „Dazu müssen wir uns in Europa aber als mächtigen Akteur verstehen. Die EU kann dann beim Einkauf viel Gewicht auf die Waage bringen.“
Interessante Statements von Austria-Chefin Herlitschka. Aussagen und Zahlen zur aktuellen Geschäftsentwicklung gibt es von Infineon am kommenden Mittwoch (3. August). Eine charttechnische Analyse gibt es hier. Einen detaillierten Ausblick auf das dritte Geschäftsquartal 2021/22 wird DER AKTIONÄR morgen an dieser Stelle geben.
Hinweis auf Interessenkonflikte : Aktien von Infineon befinden sich im AKTIONÄR Depot.
(Mit Material von dpa-AFX)