Die angekündigte Übernahme des Immobilien-Konzerns Deutsche Wohnen durch die ebenfalls im DAX notierte Vonovia AG sorgt an der Börse für mächtig Wirbel. Die ganze Immo-Branche profitiert mit Kurssteigerungen, außer Vonovia. Auch die Politik hat sich bereits gemeldet und stellt Forderungen. Vor allem in Berlin könnte sich vieles ändern.
Erwächst da ein neuer DAX-Riese? Vonovia will die Deutsche Wohnen für rund 18 Milliarden Euro oder 53,03 Euro je Aktie kaufen. Die Offerte würde einer Prämie von knapp 18 Prozent auf den Schlusskurs vom Freitag und von 25 Prozent auf den volumengewichteten Drei-Monats-Durchschnittskurs entsprechen. Deutsche Wohnen hält in Berlin mehr als 100.000 Wohnungen (70 Prozent des Gesamtbestands) und ist dort größter privater Vermieter.
Anders als beim Übernahmeversuch 2016 hat sich Vonovia diesmal die Unterstützung der Deutsche-Wohnen-Spitze gesichert. Beide Konzerne unterzeichneten bereits eine Grundsatzvereinbarung. Mindestens 50 Prozent der Anteilsinhaber müssen dem Deal noch zustimmen. Deutsche-Wohnen-Vorstandschef Michael Zahn sagte, er sei sich "sehr, sehr sicher, dass sehr viele Aktionäre dieses Angebot annehmen werden“.
Durch die Übernahme würde Europas größter Wohnimmobilien-Konzern entstehen - mit einer kombinierten Marktkapitalisierung von derzeit rund 45 Milliarden Euro und mehr als 500.000 Wohnungen.
Auch an der Börse glaubt man, dass es mit dem Milliarden-Deal diesmal klappen wird. Die Aktien von Deutsche Wohnen springen zeitweise um mehr als 15 Prozent nach oben und erreichen das höchste Niveau seit 2007. Vonovia-Papiere rutschen als Tagesverlierer im DAX hingegen um 4,6 Prozent ab. Zu befürchtende Verwässerungseffekte drücken.
Michael Zahn sagte, dass aus Sicht der Shareholder ein faires Angebot vorgelegt worden sei. Der Deutsche Wohnen-Chef machte zudem deutlich, dass bis Ende 2023 auf betriebsbedingte Kündigungen verzichtet werden solle: "Das soll uns die Zeit und Kraft geben, ein gemeinsames Unternehmen zu schaffen."
Die Übernahmepläne sorgen auch bei anderen Immo-Aktien für Fantasie. Im Stoxx-600-Branchentableau gehören die Immobilien-Werte mit plus 1,5 Prozent heute zu den stärksten Sektoren. Im MDAX etwa verzeichnen LEG, TAG Immobilien, Grand City Properties und Aroundtown Kursgewinne von teils mehr als drei Prozent. Adler Group, Ado Properties und Instone gewinnen im SDAX teilweise noch etwas mehr.
Barclays-Analyst Sander Bunckt zeigte sich angesichts der bevorstehenden Bundestagswahlen und der zuletzt divergierenden Aktienkursentwicklung vom Zeitpunkt des erneuten Übernahmeversuchs durch Vonovia überrascht.
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Wenig überrascht ist die Politik. In Folge der geplanten Fusion zwischen der Vonovia und der Deutschen Wohnen könne das Land Berlin mehr als 20.000 Wohnungen von dem Mega-Konzern übernehmen, kündigten der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Vonovia-Chef Rolf Buch heute an. "Das ist die Größenordnung einer eigenen Wohnungsgesellschaft", sagte Müller.
Nunmehr werde mit allen Beteiligten im Detail besprochen, um welche Bestände es sich handele. "Mir liegen soziale Brennpunkte am Herzen, mir liegen Großsiedlungen am Herzen", sagte Müller. Mehr Wohnungen in kommunaler Hand bedeuteten mehr Einfluss auf sozialverträgliche Mieten und mehr Sicherheit für viele Menschen im Bereich Mieten und Wohnen. Momentan verfügt Berlin über 340.000 kommunale Wohnungen.
Die Grünen erwarten nach der geplanten Megafusion ein sozialverträgliches Handeln des neuen Wohnungsriesen Vonovia auf dem angespannten Berliner Mietenmarkt. "Wenn Vonovia die Deutsche Wohnen übernimmt, hält sie fast zehn Prozent der Berliner Wohnungen. Wer eine solch große Machtkonzentration anstrebt, muss zeigen, dass das einen Mehrwert für die Berlinerinnen und Berliner hat", erklärte die Grünen-Spitzenkandidatin für die Abgeordnetenhaus-Wahl im Herbst, Bettina Jarasch.
Die Grünen-Politikerin forderte "verbindliche Vereinbarungen zu Themen wie Mieterhöhungsstopp, bezahlbarem Neubau und einen stärker gemeinwohlorientierten Wohnungsmarkt in Berlin".
Die beiden Unternehmen schlagen derweil einen "Zukunfts- und Sozialpakt Wohnen" mit dem Land Berlin vor. Sie bieten unter anderem eine Begrenzung der Mietsteigerungen in ihren Berliner Beständen bis 2026 an: In den kommenden drei Jahren solle es höchstens ein Prozent jährlich mehr sein, in den beiden danach folgenden Jahren im Rahmen des Inflationsausgleichs. (Mit Material von dpa-AFX)
Für Vonovia dürfte sich der Zusammenschluss auf diesem Preisniveau rechnen. Synergien sollten längerfristig auch die Kosten drücken. Auch die Großinvestoren Blackrock und norwegischer Staatsfonds müssen noch überzeugt werden. Sollte der Deal klappen, würde Vonovia ihre führende Position auf dem Immobilienmarkt weiter ausbauen. Investierte Anleger halten ihre Papiere.
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