Die Europäische Union zu verlassen ist schwierig genug, wie die Briten gerade leidvoll erfahren. Die Konsequenzen sind so weitreichend, dass ein wirklich harter Bruch kaum wahrscheinlicher scheint. Möglich ist er jedoch. „Noch schwieriger bis ganz ausgeschlossen ist es, unseren Währungsraum zu verlassen. Mit dem Euro ist es wie mit der Mafia. Da kann man nicht einfach austreten. Jedenfalls nicht lebend. Es ist, wie die Eagels es in dem Lied „Hotel California“ so schön besingen: „You can check out anytime, but You can never leave:“ Falls ein Land tatsächlich den Euro verlassen wollen würde, zum Beispiel Italien unter der neuen Regierung, könnte es lex monetae anwenden. Nach dem Prinzip kann ein Land seine eigene Währung festsetzen, mit der die Verbindlichkeiten unter ihrer Jurisdiktion beglichen werden können. Den Kredit in Euro, den sich ein italienischer Häuslebauer bei der Filiale einer Bank in Rom hat auszahlen lassen, kann er dann in der neuen Währung, nennen wir sie Lira, zurückzahlen. Eine neue Lira würde vermutlich direkt nach Einführung 40 bis 50 Prozent an Wert verlieren“, sagt Börsenexperte Thomas Gebert.
Selbst das britische Pfund verlor 25 Prozent, nur auf die Drohung hin die Europäische Union zu verlassen. „Allerdings würden die 1,6 Billionen Kontoguthaben der Italiener bei italienischen Banken auch in Lira, die dann gegen Euro nur noch fast die Hälfte wert wären, ausbezahlt werden. Das ist aber nur die halbe Geschichte. Viele italienische Kredite sind nämlich nicht nach italienischem Recht vergeben, sondern nach ausländischem, hauptsächlich britischem Recht. 80 Prozent des Geldes, das italienischen Banken von Anleihegläubigern zur Verfügung gestellt worden ist, unterliegt ausländischem Recht. Einer italienischen Bank nach italienischem Recht Geld zu leihen haben wohlweislich die meisten vermieden. Kredite in Höhe von 770 Milliarden Euro des italienischen Staates würden selbst bei einer Einführung der Lira in Euro bestehen bleiben. Mit der halbierten Lira dann diese doppelt so teuren Euro-Schulden in Euro zu bezahlen wird vollkommen unmöglich, für den italienischen Staat wie für die italienischen Banken“, sagt Gebert.
Bei einem Austritt aus dem Euro würde Italien sofort aufhören zu funktionieren.
„Ausländische Kontoguthaben könnten beschlagnahmt und italienische Schiffe in ausländischen Häfen festgesetzt werden. Flugzeuge würden von ausländischen Flughäfen nicht mehr starten können. Ein geregelter Warenverkehr fände nicht mehr statt. 770 Milliarden einklagbare und vollstreckbare Forderungen in Euro gegen Italien und noch einen größeren Betrag gegen italienische Banken würde das Land nicht so einfach überstehen. Somit ist es vollkommen ausgeschlossen, dass Italien jemals aus dem Euro austreten wird, egal was die Parteien im möglicherweise bald stattfindenden Wahlkampf auch diskutieren. Die Furcht des deutschen Anlegers vor einem Euro-Aus, weil Italien den Euro-Raum verlassen könnte, ist unbegründet. Der Euro ist eine Schicksalsgemeinschaft auf ewig. So wenig, wie man die Zahnpasta wieder in die Tube bekommt, lässt sich die Euro-Einführung rückabwickeln.“, lautet das Fazit von Thomas Gebert.
Mehr von Thomas Gebert gibt es unter www.gebertbrief.de