Beim Erdgasriesen Equinor klingelt weiter die Kasse, bei großen Gasverbrauchern wie BASF oder Lanxess dürften die Sorgenfalten bei den Vorständen zunehmen: Denn die Preise am europäischen Erdgasmarkt steigen weiter an. Am Dienstag kostete der richtungweisende Terminkontrakt TTF bis zu 49,80 Euro je Megawattstunde (MWh).
Das waren etwa 13 Prozent mehr als am Tag zuvor. Schon am Montag hatte der Erdgaspreis deutlich zugelegt, nachdem es an einer Gaspipeline zwischen Finnland und Estland zu einem plötzlichen Druckabfall gekommen war. Die Pipeline wurde daraufhin übergangsweise geschlossen. Es wird ein Leck vermutet, Fremdeinwirkung wird nicht ausgeschlossen.
Am Dienstag wurden die Preise zusätzlich getrieben, nachdem Israel den Energiekonzern Chevron anwies, ein großes Gasfeld im Mittelmeer zeitweise stillzulegen. Hintergrund sind Sicherheitsbedenken aufgrund der andauernden Kämpfe zwischen Israel und der islamistischen Hamas.
Trotz der jüngsten Zuwächse liegt der Preis für europäisches Erdgas deutlich unter dem Niveau, das er im Zuge des russischen Krieges gegen die Ukraine erreicht hatte. Im vergangenen Jahr wurden zeitweise mehr als 300 Euro je Megawattstunde fällig.
Indes befürchtet die Internationale Energie-Agentur (IEA) steigende Gaspreise bei einem außergewöhnlich kalten Winter. Während die Gaspreise in den ersten drei Quartalen gesunken seien, blieben Unsicherheiten und Risiken für den Winter bestehen, teilte die IEA am Dienstag in Paris mit. Starke Nachfragerückgänge in Europa und Teilen Asiens hätten die Spannungen zwar verringert, aber das Angebot bleibe knapp. Der Anstieg des Angebots an Flüssiggas reiche nicht aus, um den starken Rückgang der Pipelinegas-Lieferungen aus Russland nach Europa auszugleichen.
Das Risiko von Preisschwankungen, insbesondere im Falle eines kalten Winters, gebe daher Anlass zur Sorge. Die Gasspeicher in Europa sind zu Beginn der Heizperiode nach IEA-Angaben zu 96 Prozent ausgelastet. Dies sei jedoch keine Garantie für stabile Preise während der gesamten Saison, gerade bei besonders kaltem Wetter.
Etwas Entspannung auf dem Gasmarkt erwartet die Energie-Agentur durch die Inbetriebnahme neuer Flüssiggas-Kapazitäten, zwischen 2022 und 2026 werden diese voraussichtlich um 25 Prozent steigen. Dabei festigten die USA ihre Position als weltweit größter Flüssiggas-Exporteur durch den Bau neuer Verflüssigungsanlagen. Der Gasmarkt werde dadurch globalisierter als bisher, was die Widerstandsfähigkeit und die Fähigkeit von Anbietern und Verbrauchern, auf Angebots- und Nachfrageschocks zu reagieren, verbessere, so die IEA.
Das Wachstum der Nachfrage nach Gas wird sich einer neuen mittelfristigen Prognose der IEA zufolge in den kommenden Jahren verlangsamen. Zwischen 2022 und 2026 werde die weltweite Nachfrage um durchschnittlich 1,6 Prozent jährlich steigen, während sie zwischen 2017 und 2021 um durchschnittlich 2,5 Prozent pro Jahr zulegte.
Im asiatisch-pazifischen Raum, Europa und Nordamerika erreichte die Nachfrage 2021 ihren Höhepunkt und wird dem Bericht zufolge bis 2026 jährlich um ein Prozent zurückgehen. Eine beschleunigte Einführung erneuerbarer Energien und eine verbesserte Energieeffizienz gehören zu den Hauptursachen für diesen Abwärtstrend in der Gruppe von Ländern, die fast die Hälfte des weltweiten Gasverbrauchs ausmacht.
Das aktuelle Marktumfeld bleibt für Equinor blendend. Die günstig bewertete Dividendenperle ist nach wie vor ein klarer Kauf (Stopp: 22,00 Euro).
Hingegen leiden BASF und Lanxess weiterhin unter den hohen Energiepreisen sowie der schleppenden Konjunkturentwicklung. Hier drängt sich kein Kauf auf. Die Aktie von Lanxess wurde kürzlich ohnehin ausgestoppt, wer bei BASF investiert ist, sollte weiterhin den Stoppkurs bei 36,00 Euro beachten.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: BASF.
Mit Material von dpa-AFX