Die Entwicklung von Medikamenten kostet viel Zeit und Geld. Zunächst fließen Millionen in die Forschung. Sind die Ergebnisse vielversprechend, wird das Medikament am Patienten getestet. Dann muss der Wirkstoff aber noch drei klinische Studienphasen durchlaufen, bis er möglicherweise die Zulassung bekommt. Umso wichtiger ist, dass das Medikament, das diesen Marathon erfolgreich durchlaufen hat, auch ordentlich Einnahmen generiert. Ziel ist es, möglichst einen neuen Blockbuster auf den Markt zu bringen. Das sind Präparate, die mindestens eine Milliarde Dollar Umsatz pro Jahr einspielen.
Viele neue Blockbuster
Der Schweizer Pharmakonzern Novartis hat hier bereits einige am Start. Rund drei Viertel der Umsätze generiert das Unternehmen mit solchen Blockbustern. Allein im vergangenen Geschäftsjahr erreichten vier weitere Produkte den Blockbuster-Status. Sie zählen neben Cosentyx zu den wichtigsten Wachstumsträgern. Cosentyx, ein Medikament gegen Psoriasis und andere Autoimmunerkrankungen, das im Jahr 2015 zugelassen wurde, erreichte im vergangenen Jahr ein Umsatzplus von 36 Prozent auf 2,8 Milliarden Dollar. Und Novartis hat noch einiges in der Pipeline. Derzeit befinden sich mehr als 200 Projekte in der klinischen Entwicklung. Einige davon könnten ebenfalls den Blockbuster-Status erreichen. Bis 2021 will der Konzern mindestens zehn neue Mittel auf den Markt bringen, die später einmal Spitzenumsätze von mindestens einer Milliarde Dollar erzielen könnten.
Was mögliche Blockbuster angeht, sei Novartis führend in der Branche, erklärte Vorstandschef Vas Narasimhan auf einem Investorentag in Boston. Neuer Hoffnungsträger ist beispielsweise das MS-Mittel Mayzent, das bereits in den USA zugelassen wurde. Aber auch von dem Augenmittel Brolucizumab (RTH258), dem weiteren MS-Mittel Ofatumumab (OMB157) und dem Asthmamittel Fevipiprant (QAW039), das 2020 auf den Markt kommen soll, erhofft sich Novartis einiges.
Neuer Hoffnungsträger am Markt
Im laufenden Jahr sind bereits weitere Blockbuster-Kandidaten von Novartis zugelassen worden. Einer von diesen hat erst vor wenigen Tagen den Sprung auf den Markt geschafft: Zolgensma. Die Therapie wird zur Behandlung der tödlichen spinalen muskulären Atrophie (SMA) eingesetzt. Die SMA ist eine seltene genetische neuromuskuläre Erkrankung. Sie betrifft den Teil des Nervensystems, der die willkürliche Muskelbewegung kontrolliert. Bei der schlimmsten Form, dem sogenannten Typ 1, entwickeln die Säuglinge praktisch keine Muskelkraft. Die wenigsten von ihnen erreichen ihr zweites Lebensjahr. Beim Typ 2 können Unbehandelte nie gehen. Ihre Lebenserwartung ist reduziert, viele erreichen aber das Erwachsenenalter. Die vom Typ 3 Betroffenen können zumindest einen Teil ihres Lebens gehen. Ihre Lebenserwartung ist normal oder annähernd normal.
Eine Behandlung kostet allerdings 2,125 Millionen Dollar. Es ist damit das teuerste Medikament der Welt. Jedoch relativieren sich die hohen Kosten, wenn man das Ganze im Vergleich zur Konkurrenz betrachtet. Der Vorteil von Zolgensma ist ganz klar, dass es als Einmalbehandlung verabreicht wird. Das Konkurrenzmittel Spinraza von Biogen hingegen muss dem Patienten alle vier Monate verabreicht werden. Im ersten Behandlungsjahr schlägt Spinraza mit Kosten von 750.000 Dollar zu Buche, in den Folgejahren mit 375.000 Dollar pro Jahr. Schon nach fünf Jahren übersteigt Spinraza damit die Kosten von Zolgensma. Sorgen um die Erstattung dürfte sich Novartis demnach nicht machen müssen. Zumal Avexis, die Tochterfirma, unter der Novartis das Medikament vertreibt, den Krankenversicherungen in den USA ein Ratenmodell anbietet, das sich zudem am Behandlungserfolg orientieren soll.
Besonders erfreulich außerdem: Die Zulassung für Zolgensma fiel breiter aus als vom Markt erwartet. Nicht nur Babys, die von SMA Typ 1 betroffen sind, können der Therapie unterzogen werden. Kleinkinder im Alter von bis zu zwei Jahren, die unter den Typen 2 und 3 leiden, dürfen ebenfalls behandelt werden, auch wenn sie noch keine Symptome zeigen. Dementsprechend zeigen sich auch die Analysten optimistischer, was die Spitzenumsätze mit Zolgensma angeht. Vontobel-Analyst Stefan Schneider beispielsweise hat seine Schätzungen von einer auf 2,8 Milliarden Dollar erhöht.
Starke News am laufenden Band
Punkten konnte Novartis zuletzt aber nicht nur mit Zolgensma, bei einer ganzen Reihe weiterer Forschungsprojekte lieferte der Konzern erstklassige Daten. Auf dem wichtigsten Krebskongress der Welt, dem ASCO-Meeting, haben die Schweizer beispielsweise neue Ergebnisse zum Krebsmittel Kisqali vorgestellt. Demnach lag die Überlebensrate bei Frauen mit einer bestimmten Form von Brustkrebs, die eine Kisqali-Kombi-Therapie erhielten, bei gut 70 Prozent. Starke Daten gab es auch bei der Kombi-Therapie aus Tafinlar und Mekinist zur Behandlung einer spezifischen, sehr aggressiven Art von Hautkrebs.
Zudem wurde in den USA mit Piqray ein neues Mittel gegen Brustkrebs zugelassen. Es gehört zur Wirkstoffklasse der sogenannten PI3K-Inhibitoren. Laut der US-Gesundheitsbehörde ist die Novartis-Arznei die erste in dieser Kategorie, die eine Zulassung erhält. Der Rivale Roche musste eigene Forschungen mit einem PI3K-Inhibitor wegen mangelnden Nutzens und ernster Nebenwirkungen einstellen.
Hohe Dividendenrendite
Ganz nebenbei ist der Konzern aber auch noch ein starker Dividendenzahler. Seit der Gründung im Jahr 1996 hat Novartis jedes Jahr die Dividende angehoben. Und auch bei der nächsten Dividendenzahlung dürfte es mehr geben. Voraussichtlich 2,95 Schweizer Franken je Aktie werden ausgeschüttet, das entspricht einer satten Rendite von 3,4 Prozent.
Basisinvestment mit Bonus
Novartis verfügt über eine starke Pipeline, die es den Schweizern ermöglichen sollte, in Zukunft der Konkurrenz voraus zu sein. Die Aktie ist ein konservatives Papier zum Liegenlassen und bietet obendrein noch eine starke Dividendenrendite.
Der Artikel ist bereits in der AKTIONÄR-Ausgabe 24/2019 erschienen, die Sie hier herunterladen können.