Bislang spielte die chinesische Coronavirus-Epidemie an den Aktienmärkten nur eine kleine Rolle. In den USA und auch in Deutschland wurden neue Allzeithöhen markiert. Doch in der neuen Börsenwoche könnte es am deutschen Aktienmarkt mit der Gelassenheit schwieriger werden. Die Luft ist recht dünn geworden und die Auswirkungen der Viruskrise könnten wachsen. Ein Wochenausblick.
Am Freitag-Nachmittag sorgte bereits eine überraschend stark vom Virus belastete Stimmung bei US-Unternehmen für deutlichen Abwärtsdruck auch bei deutschen Aktien. Der Xetra-DAX verlor nach einem über weite Strecken stabilen Tagesverlauf letztlich 0,6 Prozent auf 13.579 Punkte. Nachbörslich ging's noch etwas weiter abwärts. Im Wochenverlauf steht ein Verlust von 1,2 Prozent zu Buche.
Der MDAX gab auf Wochensicht um 0,8 Prozent auf 28.983 Punkte und auch europaweit und in den USA ging es zuletzt abwärts.
Coronavirus verunsichert weiter
In der neuen Woche dürften die Auswirkungen durch das in China nach wie vor fast ungebremst grassierende Coronavirus an den Märkten den einen oder anderen Wert bewegen. Dabei richtet sich die Aufmerksamkeit inzwischen auch nach Südkorea, wo die Zahl der Infizierten sprunghaft steigt. Bis Sonntag-Morgen MEZ wurden dort mittlerweile 556 Infizierte gezählt. Der bisher größte bekannte Ausbruch außerhalb Chinas beunruhigt die Anleger.
Auch in Italien bereitet die Krankheit Sorgen: 79 Infizierte gibt es dort bis Sonntag-Morgen, die Regierung will mehrere betrotffene Ortschaften südöstlich von Mailand abriegeln, um die Ausbreitung zu unterbinden. Ein Hoffnungsschimmer: Ein US-Amerikanisches Unternehmen will einen ersten Impfstoff gegen den Coronavirus entwickelt haben. Das berichtet das Houston Business Journal.
Zudem ist weder auf Seiten der Konjunktur noch der Unternehmen die Agenda sonderlich voll. "Und es ist Faschingszeit", gibt Händler Stefan de Schutter von Alpha Wertpapierhandel zu bedenken. Weitere Höhenflüge für den deutschen Leitindex sieht der Händler in der neuen Woche daher nicht. Seinen Worten zufolge ist das Bild für den DAX nach dessen Sprung bis 13.795 Punkte im Verlauf vergangenen Montags eingetrübt. Charttechnisch ist die Welt jedoch noch in Ordnung, der Aufwärtstrend ist intakt. Erst unter etwa 13.100 Punkten wäre Gefahr in Verzug.
Die Luft für weiteren Aufschwung wird dünner
Auch Analyst Markus Reinwand von der Helaba ist vorsichtig. Bislang habe das Thema Coronavirus an den Aktienmärkten angesichts der Rekordläufe hierzulande und in den USA eine untergeordnete Rolle gespielt, schreibt er. "Die derzeitige Gelassenheit der Anleger könnte allerdings auf die Probe gestellt werden." Selbst ohne mögliche Bremseffekte durch das Coronavirus fielen die Konjunkturdaten derzeit durchwachsen aus, und mit Blick auf die Schätzungen der Unternehmensgewinne überwögen die Abwärtsrevisionen. "Die Luft wird allmählich dünner", lautet daher sein Fazit.
Zu den warnenden Stimmen zählt auch die des Chefstrategen Robert Greil von Merck Finck Privatbankiers. Nach Japans Industrie werden auch die Deutschlands zunehmend unter fehlenden Zulieferteilen leiden, sagt er. "Damit droht ein weiterer Faktor zumindest vorübergehend das zarte deutsche Konjunkturpflänzchen zu belasten."
Wenige Konjunkturdaten
Erhöhte Aufmerksamkeit dürfte daher den wenigen Konjunkturdaten zukommen, die auf mögliche Auswirkungen des Coronavirus überprüft werden. Zur Veröffentlichung steht am Montag hierzulande das Ifo-Geschäftsklima für Februar an. "Ein Stimmungsrückgang ist zu erwarten und vermutlich wird dieser wegen des anhaltenden Stillstands in chinesischen Betrieben nicht der letzte sein", erwartet etwa Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank. Ähnlich sieht dies auch Analyst Stefan Mütze von der Helaba.
In den USA dürften vor allem die Auftragseingänge für langlebige Güter in den Blick rücken, die am Donnerstag bekannt gegeben werden. Es wird ein deutlicher Rückgang erwartet. Von Interesse könnten zudem das US-Verbrauchervertrauen am Dienstag und schließlich am Freitag der Chicago Einkaufsmanagerindex sein, der die Stimmung in der Region Chicago wiedergibt.
Drei weitere DAX-Unternehmen mit Geschäftszahlen
Auf Unternehmensseite setzt sich in der neuen Woche die Berichtssaison fort. Vor allem aus der zweiten Reihe werden Quartalsbilanzen und Ausblicke veröffentlicht. Doch auch drei DAX-Unternehmen präsentieren ihre Jahreszahlen: Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re sowie Bayer und BASF. Die beiden Chemiekonzerne hatten erst vor kurzem wegen eines ersten millionenschweren Schadenersatzurteils zum Unkrautvernichter Dicamba in den USA Aufmerksamkeit erregt. Weitere dürften folgen. Insbesondere für Bayer bedeutet dies zusätzlich Ungemach, denn in den USA sind nach wie vor Tausende von Glyphosat-Prozessen anhängig. Zur Zahlenvorlage am Donnerstag werden diese Themen daher verstärkt im Fokus stehen.
Spannend könnten aus der zweiten Reihe auch die Quartalsbilanzen und Ausblicke der Maschinenbauer Dürr und Aixtron sein. Am Donnerstag dürfte zudem Thyssenkrupp im Zuge der Aufsichtsratssitzung des Industriekonzerns erneut im Blick stehen. Erwartet wird eine Entscheidung zur Aufzugsparte, die Thyssen vollständig oder zumindest mehrheitlich losschlagen will.
Erst am vergangenen Montag hatte Thyssen informiert, dass der finnische Konkurrent Kone nicht mehr unter den Bietern ist. Übrig sind damit noch zwei Gruppen von Finanzinvestoren. Allerdings hatten die Finnen mit annähernd 17 Milliarden Euro am meisten geboten. (Mit Material von dpa-AFX)