Die DHL Group hat kürzlich ihre Zahlen für das zweite Quartal vorgelegt. Im Rahmen dessen sprach DER AKTIONÄR mit Martin Ziegenbalg, der beim DAX-Konzern Leiter der Abteilung Investor Relations ist, über das abgelaufene Quartal sowie die Zukunft des Bonner Logistikriesen, dessen Aktien sich auch in den Depots vieler Privatanleger befinden.
Sehr geehrter Herr Ziegenbalg, wie zufrieden ist man bei der DHL Group mit dem operativen Verlauf im vergangenen Quartal in einem wirklich sehr schwierigen Marktumfeld?
Das Marktumfeld war wie erwartet schwierig: Wir sind mit einer fortschreitenden Normalisierung von Frachtraten sowie einer schwächeren Marktdynamik konfrontiert. Wir waren im zweiten Quartal aber sehr zufrieden mit der Art und Weise, wie der Konzern mit seinen Divisionen durch dieses Umfeld navigiert ist und seine Widerstandsfähigkeit unter Beweis gestellt hat.
Die Reaktion der Analysten war auch entsprechend positiv. Es wird auch wahrgenommen, dass hier auf Konzern-Ebene und auf divisionaler Ebene die Erwartungen erfüllt wurden. Die Performance kann sich auch sehr wohl im aktuellen Wettbewerbsumfeld sehen lassen.
Für welche Regionen und welche Segmente sehen Sie in den kommenden Quartalen Möglichkeiten, sich zu verbessern?
Alle Divisionen sind operativ sehr gut aufgestellt. Ich glaube, der zukünftige Verlauf hängt hier stark von der weiteren Entwicklung der Weltwirtschaft in den einzelnen Regionen ab. Das Geschäft, das bekanntermaßen am wenigsten zyklisch reagiert, ist das Supply Chain Geschäft, in dem wir langjährige Verträge zur Lagerhaltung, -bewirtschaftung und Transport haben. Ich bin zuversichtlich, dass diese Division ihre gute Ertrags-Performance aus den ersten beiden Quartalen des Jahres fortsetzen wird. Bei den großen Geschäften Express und in der Luft- und Seefracht hängt es natürlich auch davon ab, ab wann und mit welcher Dynamik sich die Weltwirtschaft wieder erholt.
Und für welche Regionen oder Segmente sehen Sie für die kommenden Quartalen die größten Herausforderungen?
Die EU hat schon seit dem Ende des letzten Jahres ganz klar mit einem Abschwung zu kämpfen. Die US-Wirtschaft hat sich noch länger gehalten, zeigt aber jetzt ebenfalls einen Rückgang. Die Diskussion im Markt ist aktuell, ob es ein „soft“ oder „hard landing“ wird. Und das alles zu einer Zeit, in der auch die Wiedereröffnung des chinesischen Marktes keine große Dynamik zeigt. Für die europäische Wirtschaft liegt die volkswirtschaftliche Erwartung bei einer Erholung im zweiten Halbjahr 2023 und dann in 2024. Und darauf haben wir ja auch letztlich unsere Jahres-Guidance aufgebaut. Es war immer klar, dass in den ersten beiden Quartalen keine große zyklische Unterstützung zu erwarten war.
Die Frage für das Jahresergebnis hängt bei uns davon ab, ob und wann eine Erholung einsetzt. Bleibt die Erholung auch im zweiten Halbjahr komplett aus, haben wir unsere Guidance gerade nochmal leicht erhöht, werden trotzdem 6,2 Milliarden Euro operatives Ergebnis erwarten. Bei einem günstigeren konjunkturellen Verlauf entsprechend mehr. Das sind die Szenarien, mit denen wir jetzt auch weiterhin arbeiten.
Und unabhängig von konjunkturellen Faktoren: In welchen Märkten sehen Sie langfristig betrachtet das größte Potenzial für die DHL?
Das Gute an diesem Konzern und seinen Geschäften ist, dass wir eigentlich keine großen geografischen blinde Flecken haben. Wir sind in allen großen Märkten und auch in kleinen Märkten weltweit vertreten. Ich glaube, die besten Wachstumsaussichten findet man in den Regionen, in denen auch aufgrund der demografischen Entwicklung ein Aufholen zu erwarten ist. Das sind in Asien die Volkswirtschaften außerhalb Chinas. Da sind wir in Vietnam, Malaysia oder in Indonesien mit unseren Geschäften auch schon sehr lange und umfangreich vertreten. Auch die US-Wirtschaft würde ich hier nicht unerwähnt lassen, da sie rein von der Demografie her noch einiges an Wachstum verspricht. Nach ähnlichen Kriterien bewerten wir unter anderem auch unsere Akquisitionen, wie jüngst eben die Übernahme von MNG Kargo in der Türkei.
DHL versucht, nachhaltiger zu wirtschaften und grüner zu werden. Diesbezüglich gab es schon einige Schritte. Was wäre für die nächsten Jahre geplant, um ihr langfristiges Ziel der Klimaneutralität zu erreichen?
Wir arbeiten schon einige Jahre konsequent an der Umsetzung unserer Nachhaltigkeitsstrategie. Hierbei war jedoch von Anfang an klar: Die großen Fortschritte sind wahrscheinlich erst in der zweiten Hälfte des laufenden Jahrzehnts zu erreichen, wenn ich beispielsweise an die Verwendung von nachhaltigem Flugzeugtreibstoff denke. Ganz einfach, weil die Verfügbarkeit hier kurzfristig nicht stark gesteigert werden kann.
Inwieweit merken Sie, dass man von Kunden explizit deswegen beauftragt wird, weil man einen geringeren Fußabdruck hat als diverse Konkurrenten hat?
Wir haben den klaren Anspruch, bis 2030 bis zu sieben Milliarden Euro zu investieren, um unsere Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Und das unter der Annahme, dass hier auf Kundenseite nur wenig Lastenteilung angeboten wird. Insofern ist es jetzt in jüngerer Zeit interessant und ermutigend zu sehen, dass tatsächlich auch erste Kunden anfangen, ihre Ausschreibungen mit klaren Nachhaltigkeitszielen zu koppeln. Nach dem Motto: „Wenn du zum Beispiel ein gegebenes CO2-Profil je nach Produkt nicht erreichen kannst, dann können wir das Angebot nicht akzeptieren.“ Das ist noch nicht die Regel, aber die jüngsten Beobachtungen sind da sehr ermutigend.
Wie sind Ihre Dividenden-Pläne für die kommenden Jahre?
Was das Thema Shareholder Return angeht, bin ich sehr froh, dass wir hier solide auf zwei Säulen arbeiten. Eine Säule ist unsere Ausschüttungspolitik, die Dividendenpolitik. Wir haben uns mit einer ganz klaren Payout-Range versehen und das Allerwichtigste ist dabei ein ganz klares Commitment zur Dividendenkontinuität.
Die zweite Säule ist unser Aktienrückkauf-Programm bis 2024. Das hatten wir Anfang des Jahres von zwei auf drei Milliarden Euro aufgestockt und da befinden wir uns eifrig in der Umsetzung.
DER AKTIONÄR hält an seiner bullishen Einschätzung des Musterdepot-Titels fest: Der jüngste Kursrückgang ist kein Grund zur Panik, sondern gerade für noch nicht investierte Anleger eine durchaus gute Gelegenheit, um sich die im Branchenvergleich günstig bewerteten Anteile des global sehr gut positionierten Logistikriesen mit solider Bilanz ins Portfolio zu legen. Das Investment sollte dann mit einem Stopp bei 34,00 Euro nach unten abgesichert werden.
Hinweis auf Interessenkonflikte
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: DHL Group.
Der Chefredakteur dieser Publikation, Herr Leon Müller, ist unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente oder hierauf bezogene Derivate eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: DHL Group.
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