Die Deutsche Post hat beim Umgang mit Problemen in der Brief- und Paketzustellung Fehler eingeräumt. Die Notfallpläne seien mitunter zu spät aktiviert worden. "Das müssen wir ganz selbstkritisch so sagen", sagte Thomas Schneider, Bereichsvorstand Betrieb bei Post & Paket Deutschland, am Mittwoch in Bonn.
Wegen zahlreicher Corona-Erkrankungen fehlten zudem in bestimmten "Hotspots" bis zu 30 Prozent des Personals, berichtete das zuständige Vorstandsmitglied Nikola Hagleitner. Das Netz sei bundesweit stabil. "Aber die lokalen Probleme möchte ich nicht beschönigen." Der Konzern hatte sich mit der Bundesnetzagentur vor zwei Jahren auf Maßnahmen geeinigt, um flexibler auf Engpässe beim Personal reagieren zu können. Sie sehen unter anderem vor, dass sich die Briefzustellung in den Hotspots verlangsamt. So wird zwar weiterhin an sechs Tagen pro Woche ausgetragen, jeder Haushalt wird aber nur noch jeden zweiten Tag angelaufen. Diese erste Stufe der Maßnahmen greife nun in einzelnen Zustellbezirken, um die Spitzen abzufangen und den Druck zu reduzieren, berichtete die Post.
Weiterhin könne die Option gezogen werden, die Zustellung von Werbesendungen zu reduzieren oder darauf zu verzichten, sagte Betriebschef Schneider. "Wir müssen lernen, zu reagieren." Außerdem könnte die Post sich in betroffenen Bezirken dafür entscheiden, keine zusätzlichen, zuvor nicht angemeldete Mengen kurzfristig anzunehmen. Sie würden dann um mehrere Tage verschoben.
Nach den Worten von Post-Manager Schneider haben die Zustellprobleme zuletzt etwas nachgelassen, man sei aber "noch nicht über den Berg". Die betrieblichen Kennzahlen entwickelten sich deutlich in die positive Richtung, und die Zahl der Hotspots sei gesunken. "Wir sind mit den Maßnahmen, die wir getroffen haben, sehr zuversichtlich, dass wir das auch in den Griff bekommen werden."
Probleme vor allem bei Brief-Zustellung
Bei den Zustellproblemen geht es im Schwerpunkt um Briefe, bei der Paket-Auslieferung sieht es besser aus. Von Juli bis September gingen bei der Bundesnetzagentur 11 500 Beschwerden wegen verlorener oder verspäteter Sendungen ein, die meisten richteten sich gegen den Marktführer, die Deutsche Post. Der Dreimonatswert war höher als die Gesamtzahl aller Beschwerden im ersten Halbjahr (8900). Zählt man alle Beschwerden der ersten drei Quartale zusammen, so sind es schon jetzt ein Drittel mehr als im ganzen Vorjahr (15 100).
Ein Teil des Problems liegt auch in der von Post vor einigen Jahren selbst initiierten Verzahnung der Brief- und Paketzustellung. So müssen Briefzusteller auch immer häufiger kleine und leichte Pakete zustellen. Dies war eine Reaktion auf die vor allem im Zuge der Pandemie stark gestiegenen Paketmengen.
Neben den hausgemachten Versäumnissen kommen bei dem DAX-Konzern weitere Probleme hinzu. Dazu zählen der angespannte Arbeitsmarkt sowie stark schwankende Sendungsmengen. Die Schwankungen werden noch verstärkt, wenn Großkunden wie Amazon kurzfristig Zustellungsmengen an die Post verlagern. Außerdem führte die Kombination aus generellen Personalengpässen und vielen Corona-Fällen dazu, dass sich die Laufdauer bei den Zustellungen verschlechterte.
So sei es im Sommer nicht gelungen, ausreichend Aushilfen für die im Urlaub befindliche Stammbelegschaft zu rekrutieren. Zudem seien mittlerweile viele bisher Angestellte wieder in ihre eigentlichen Berufe zurückgegangen, die sie wegen der Pandemie in den vergangenen zweieinhalb Jahren nicht hatten ausüben können. Hinzu kamen zahlreiche Corona-Erkrankungen. Allein im Juli habe es 6800 Corona-Fälle gegeben, berichtete die Post am Mittwoch. Im vergangenen Jahr waren es im gleichen Zeitraum 100. Im Gesamtschnitt fehlten zwei Prozent des Personals in der Zustellung.
Infolge der Probleme könnten von den rund 50 000 Zustellbezirken 100 nicht bedient werden, hieß es. Als Beispiele für die betroffenen Gegenden nannte Hagleitner Teile von Berlin, generell Ballungszentren sowie den süddeutschen Raum.
Die Post ist gesetzlich verpflichtet, mindestens 80 Prozent der Briefe am nächsten Werktag zuzustellen. Diese Vorgabe hält der Konzern nach eigener Darstellung trotz der Zustellprobleme ein. Laut Manager Schneider liegt die Quote bei 83 oder 84 Prozent. Früheren Firmenangaben zufolge hatte diese Quote für die Zustellung am nächsten Tag im Jahr 2020 noch bei 88,7 Prozent gelegen.
Die Deutsche Post dürfte wie in den Vorjahren auch dieses Mal in der Lage sein, die Probleme wieder in den Griff zu bekommen. Die Aussichten für den Logistikriesen bleiben nach wie vor gut. Die im Branchenvergleich und im historischen Vergleich sehr günstig bewertete Dividendenperle ist weiterhin ein klarer Kauf (Stopp: 26,00 Euro).
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Mit Material von dpa-AFX