Die Deutsche Bank steht womöglich vor dem radikalsten Umbau seit Jahrzehnten. Medienberichten zufolge könnte im Zuge dessen fast ein Fünftel der Arbeitsplätze abgebaut werden, ein Großteil davon im Investmentbanking, speziell in den USA. Offen ist noch, wie derartige Einschnitte finanziert werden sollen – es gibt aber bereits Ideen.
Wie die Nachrichtenagentur Bloomberg am Montagabend unter Berufung auf mehrere mit der Angelegenheit vertraute Personen meldete, will die Deutsche Bank ihr Kapitalpolster senken und so den Umbau finanzieren. Demnach diskutiere das Geldhaus mit der Bafin und der Europäischen Zentralbank (EZB) über eine Senkung der Kernkapitalquote (CET1-Ratio).
Zum Ende des ersten Quartals 2019 lag die Quote der Deutschen Bank bei 13,7 Prozent – und damit sowohl über dem konzerneigenen Minimum von 13,0 Prozent als auch deutlich über dem verbindlichen Mindestwert der Aufsichtsbehörden von 11,8 Prozent. Durch eine Senkung der Kernkapitalquote würde Kapital für den großangelegten Umbau frei, so die Idee.
Umbaukosten in Milliardenhöhe
Geld, das die Deutsche Bank gut brauchen könnte, denn die Kosten für den geplanten Konzernumbau könnten schnell in die Milliarden gehen. Analysten der Bank of America beziffern die Kosten für den Rückbau der Investmentbank und die Stärkung der übrigen Geschäftsbereiche auf rund fünf Milliarden Euro. Insider hatten den Kapitalbedarf gegenüber der Financial Times zuvor mit „mindestens vier Milliarden Euro“ veranschlagt (DER AKTIONÄR berichtete).
Um so viel Geld aufzutreiben, muss die Deutsche Bank kreativ werden. Neben der Reduzierung der Kernkapitalquote wird auch über eine Senkung der Risikoaktiva um bis zu 50 Milliarden Euro sowie den Aufbau einer Bad Bank spekuliert. Eine weitere Kapitalerhöhung käme angesichts der enttäuschenden Aktien-Performance in den vergangenen Jahren indes höchstens als Ultima Ratio in Betracht.
Kein Kommentar – Warten auf den Aufsichtsrat
Vertreter der Deutschen Bank sowie der Bafin und der EZB wollten sich gegenüber Bloomberg nicht zu den Plänen äußern. Laut den Insidern stünden die Aufseher den Umbauplänen von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing aber grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber. Von der Deutschen Bank wird spätestens nach der Aufsichtsratssitzung am Sonntag (7. Juli) ein offizielles Statement zu den geplanten Maßnahmen erwartet.
Aktie mit erstem Lebenszeichen
Unterstützt vom überraschenden Bestehen des US-Stresstests und den Spekulationen rund um die überfällige Restrukturierung hatte die Aktie in den letzten Tagen deutlich zugelegt und am Montag sogar kurzzeitig die 7-Euro-Marke überwunden. Anschließend ist die Erholung jedoch ins Stocken geraten.
Auch wenn die konkreten Maßnahmen sowie deren Finanzierung und Erfolg noch in den Sternen stehen, versprechen sie nach Jahren der Flaute Hoffnung auf Besserung bei der Deutschen Bank. Mutigen Anlegern hatte DER AKTIONÄR daher in der Vorwoche bereits den Aufbau einer spekulativen Trading-Position vorgeschlagen.