Nach einem hohen Tagesgewinn am Mittwoch knickten die US-Börsen gestern auf breiter Front stark ein. Auch die europäischen Märkte konnten sich dem nicht entziehen. Die Deutsche Bank verlor stark. Banken in Europa beschäftigt aber derzeit ein anderes Thema als die restlichen Konzerne an der Börse.
Europas Banken rechnen die steigenden Belastungen aus der russischen Invasion in der Ukraine zusammen und bereiten sich auf eine Welle von Kreditausfällen vor, die - wie einige befürchten - auf die gesamte Wirtschaft übergreifen könnte. Angeführt von der italienischen UniCredit hat die Branche die Rückstellungen für gefährdete Kredite so stark aufgestockt wie seit über einem Jahr nicht mehr. Das berichtet die Nachrichtenagentur Bloomberg. Zusammen mit Handelsverlusten, Abschreibungen und den Aufwendungen für den Rückzug hat die Krise die europäischen Banken bisher etwa 6,6 Milliarden Euro gekostet - und es könnte noch mehr werden.
Gespräche mit der Aufsicht
Die Risikomanager mehrerer großer europäischer Kreditinstitute würden sich in diesen Tagen mit den Aufsichtsbehörden treffen, um die Bildung von Rückstellungen und andere mögliche Folgen zu besprechen. Das berichteten mit der Angelegenheit vertraute Personen gegenüberBloomberg. Ein Vertreter einer Aufsichtsbehörde, der anonym bleiben wollte, sagte, dass die Banken in den kommenden Quartalen wahrscheinlich mehr Mittel zurücklegen würden.
Die italienischeUniCredit schreckte am Donnerstag die Branche auf, als die Bank mitteilte, dass sie im ersten Quartal 1,85 Milliarden Euro an Abschreibungen und Rückstellungen gebildet habe. Seit Wochen wird über den Ausstieg aus dem Land diskutiert. Andere Institute – wie die Deutsche Bank – konzentrieren sich bei der Bildung der Risikovorsorge stärker auf russische Kredite. Die Bank sagte, es sei „unwahrscheinlich, dass sich Engpässe in der Lieferkette in Verlusten niederschlagen“ würden.
Societe Generale verkauft Russland-Geschäft
Die Deutsche Bank betreibt in Russland kein umfangreiches Geschäft – im Gegensatz zu europäischen Konkurrenten. Engagiert ist nicht nur die genannte UniCredit. Die französische Societe Generale verkaufte kürzlich ihre Russland-Aktivitäten in Form der Rosbank-Sparte an die Investmentfirma von Wladimir Potanin. Er ist der reichste Mann Russlands. Dafür werden rund drei Milliarden Euro Abschreibungen anfallen, die das Unternehmen im zweiten Quartal zeigen will. Solche Verluste drohen bei der Deutschen Bank nicht.
In einem Szenario stark steigender Kreditausfälle aufgrund des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen gegen Russland ist denkbar, dass die Staaten Unternehmen gezielt stützen - ähnlich wie während der Pandemie. Indirekt würde man dadurch erneut die Finanzbranche gegen deutlich anziehende Kreditausfälle abschirmen. Die Deutsche Bank kam bereits damals mit relativ wenig Risikovorsorge aus.
Die Marke von zehn Euro ist zum Ende der Woche nun wieder etwas in die Ferne gerückt. Die Kursentwicklung dürfte in den kommenden Monaten durch die Erwartung steigender Zinsen einerseits und der Angst vor wirtschaftlichen Problemen durch den Krieg andererseits bestimmt sein. Dabei gibt es durchaus Potenzial für die Aktie der Deutschen Bank. Anleger mit schwachen Nerven sind bei dem Titel aber falsch. Derzeit drängt sich kein Neueinstieg auf, Investierte bleiben dabei.