Die Deutsche Bank hat gestern mit ihren Quartalszahlen die Erwartungen der Analysten pulverisiert. Der Vorsteuergewinn und der Nettogewinn zogen deutlich an, die Kosten purzeln weiter und die Prognose für das laufende Jahr wurde erhöht. Dennoch schloss die Aktie am Ende des Handelstags mehr als ein Prozent im Minus. DER AKTIONÄR erklärt, warum Anleger das Zahlenwerk nicht honorieren.
Das Q2 2021 ist das vierte Quartal in Folge, in dem das Finanzinstitut mit einem Überschuss abschließt. Vor Steuern versiebenfachte sich der Gewinn auf 1,20 Milliarden, unter dem Strich verbliebenen nach Zahlungen für Nachranganleihen noch immer fast 692 Millionen Euro. Der Konsens wurde davon überrascht, denn die jeweiligen Schätzungen lagen jeweils deutlich darunter.
Risikovorsorge sinkt stark
Das Investmentbanking steuert wie auch in den zurückliegenden Quartalen einen guten Teil zum Gewinn bei, doch dieses Mal stören sich Anleger an anderen Punkten: So hat die Deutsche Bank den Bedarf für die Risikovorsorge erheblich nach unten korrigiert. Nach 35 bis 40 Basispunkten der vergebenen Kredite kalkuliert das Management jetzt nur noch mit 20 Basispunkten. Zudem sank die Risikovorsorge im abgelaufenen Quartal um 90 Prozent auf 75 Millionen Euro. Das lässt sich nur einmal machen und somit nicht wiederholen.
Höhere Belastungen voraus
Rücklagen schütten nun viele europäische Großbanken aus, da es die wirtschaftliche Lage erlaubt. Ein anderer Punkt betrifft die Bank als größtes deutsches Geldhaus besonders: Steigende Kosten durch zusätzliche Beiträge zur Einlagensicherung nach der Pleite der Greensill Bank und Entschädigungen von Kunden für überhöhte Kontogebühren. Außerdem fallen auch die Zahlungen an den europäischen Bankenabwicklungsfonds in Zukunft höher aus. Die Bank kalkuliert mit 400 Millionen Euro Mehrkosten.
Kostenziel beerdigt
Das durchkreuzt die Pläne, Ende 2023 ein absolutes Kostenniveau von 16,7 Milliarden Euro zu erzielen. Daher schwenkt das Management nun um und stellt die Kosten-Ertrags-Quote von 70 Prozent heraus, die nach wie vor erreicht werden soll. Steigen die Kosten, muss der Konzern höhere Erträge einfahren, um das Ziel doch noch zu erreichen. Nachdem CEO Christian Sewing lange die Kostenkontrolle der Bank als Erfolg verkauft hatte, stößt vielen Anlegern nun sauer auf, dass dieses Ziel nun intransparenter wird. Denn ein absolutes Kostenniveau soll nicht mehr veröffentlicht werden. Allerdings handelt es sich um Kostenbestandteile, auf die die Bank wenig Einfluss hat.
Bisher ist die Deutsche Bank bei der Kosten-Ertrags-Quote auf einem guten Weg. Nach 87,1 Prozent im ersten Halbjahr 2020 erreichte man nun 78,5 Prozent im diesjährigen Vergleichszeitraum. Laut Finanzvorstand James von Moltke sollen die Erträge zudem 2022 eher bei 25,0 Milliarden als bei bisher prognostizierten 24,4 Milliarden Euro liegen. Im Investmentbanking zeigt sich auch, dass das Institut anscheinend Marktanteile zurückerobern konnte. Die Umsätze sanken hier um elf Prozent aufgrund der Abkühlung am Gesamtmarkt, Rivalen an der Wall Street hatten aber deutlich höhere Rückgänge zu verzeichnen.
Der Markt sucht bei der Deutschen Bank das Haar in der Suppe, denn nach jahrelangen Misserfolgen fällt es vielen Anlegern und Analysten schwer, wieder Vertrauen zu fassen. Das ist verständlich, aber die gestrige Kursreaktion auf die Zahlen war teilweise übertrieben. Den Hebel der eigenen Büromieten, die aufgrund weniger benötigter Fläche in Summe sinken dürften (Stichwort Corona), hat die Bank noch gar nicht gezogen. Zudem geht es mit Negativzinsen für Kleinsparer gerade erst los.
Die Aktie eignet sich ohnehin nur für spekulativer orientierte Anleger. Diese könne nach Zahlen aber zugreifen.