Die Aktie der Deutschen Bank war im gestrigen Handel gefragt wie lange nicht mehr. Sie arbeitete sich immer weiter nach oben, ging schließlich mit einem Plus von 8,4 Prozent nahe des Tageshochs aus dem Handel. Gerade investierte – und damit leidgeprüfte Anleger – fragen sich nun, ob die Talsohle damit (endlich) durchschritten ist. Die Antwort ist nicht ganz einfach, aber eindeutig.
Acht Prozent Plus, höchster Kurs seit einem Monat, technisches Kaufsignal – wie ist der wundersame Kursanstieg bei der Aktie der Deutschen Bank am Mittwoch zu erklären? Es ist ein Gemisch aus Gerüchten, Fantasien und – das lässt durchaus hoffen – auch einigen Fakten. Der Reihe nach – und es gibt einiges zu berichten, immerhin war der Anstieg der Nachrichtenagentur dpa-AFX gleich drei große Updates wert. Tatsächlich prasselten im Tagesverlauf eine Reihe von Meldungen und Ereignissen über die Aktie ein, durch die der neu entsprungene Optimismus mit fortschreitender Dauer zum Selbstläufer mutierte.
Als erstes müssen gute Zahlen von Goldman Sachs und Bank of America als möglicher Grund für die Gewinne bei der Deutschen Bank genannt werden. Fakt ist, die beiden US-Banken haben im zurückliegenden Geschäftsjahr prächtig verdient. Bei Goldman blieben netto knapp zehn Milliarden US-Dollar als Gewinn hängen. Damit übertraf die Investmentbank als bisher einzige große US-Bank die Erwartungen des Marktes vollumfänglich. BoA steigerte den Gewinn sogar auf über 28 Milliarden US-Dollar.
Man darf sich hier jedoch nichts vormachen. Das sind Zahlen, von denen deutsche Institute nicht einmal zu träumen wagen. Zur Erinnerung: Von der Deutschen Bank wird erwartet, dass sie 2018 erstmals seit 2014 überhaupt einen Gewinn geschrieben hat. Mit 401 Millionen Euro dürfte er keinesfalls das Niveau der amerikanischen Kontrahenten erreichen.
Wenn die Wall Street Goldman-Papiere als Reaktion auf die (wirklich) guten Ergebnisse um knapp zehn Prozent in die Höhe getrieben hat, muss die Frage erlaubt sein, inwiefern diese Ergebnisse auf die Deutsche Bank übertragbar sind, deren Aktie beinahe im Gleichschritt ebenfalls um über acht Prozent gewonnen hat. Die Antwort fällt eindeutig aus: Gar nicht. Die guten Zahlen der US-Banken sind fast ausschließlich lokalen Ereignissen zuzuschreiben, in erster Linie der Reform der Unternehmenssteuer in den USA. Dort, wo Vergleiche möglich sind, schrillen die Alarmglocken. Goldman etwa berichtete von einem Rückgang im Handel mit Anleihen im vierten Quartal um fast ein Fünftel auf nunmehr 822 Millionen. Ähnliches teilten zuvor auch Citigroup und JPMorgan mit (siehe hier). Wie man es auch dreht und wendet, im – für die Deutsche Bank wichtigen – Bondshandel (dort ist sie traditionell besonders stark unterwegs) gab es vor dem Jahreswechsel offenbar erhebliche Schwierigkeiten. Es wäre wundersam, wenn die Deutsche Bank von diesem allgemeinen Negativ-Trend nicht betroffen gewesen wäre.
Auf dem Hauptstadtempfang der Deutschen Bank diese Woche in Berlin sprach Deutsche Bank-Chef Christian Sewing davon, die Bank sei „für das abgelaufene Geschäftsjahr auf dem besten Weg zum ersten Jahresgewinn seit 2014“. Konkreter wurde er mit Blick auf die quiet period im Vorfeld der Veröffentlichung der vorläufigen Zahlen am 1. Februar jedoch nicht. Klar ist jedoch: Verfehlt die Deutsche Bank die Analystenschätzungen, wird die Enttäuschung enorm sein. Als (positiver) Fakt gewertet werden muss indes die Aussage von Sewing, dass ein Gewinn erwirtschaftet wurde.
Dritter Trigger für den gestrigen Anstieg waren einmal mehr Gerüchte und Berichte, die einen Zusammenschluss von Deutschlands größtem privaten Geldinstitut mit dem Wettbewerber Commerzbank zum Inhalt hatten (siehe hier). Laut einem Bericht des Handelsblatts sollen Vertreter der Bundesregierung auch bei der Bankenaufsicht BaFin bereits vorgefühlt haben. Gespräche zwischen Regierungsvertretern und den einzelnen Instituten sowie unter den Instituten selbst wurden im Vorfeld durch eine Anfrage der Grünen offenbart.
Die Nachrichtenagentur Bloomberg meldete ebenfalls am gestrigen Mittwoch dagegen etwas vollkommen anderes, nämlich dass die Europäische Zentralbank EZB eine Fusion der Deutschen Bank mit einem außerdeutschen Bankhaus präferieren würde, um eine starke europäische Bank zu formen. Ähnlich solle laut Bloomberg auch die deutsche Finanzaufsicht BaFin denken. Erst im Herbst hatte Deutsche Bank-Finanzvorstand James von Moltke derartige Gerüchte, etwa mit Blick auf ein Zusammengehen mit der Schweizer UBS, als „Fiktion“ abgetan.
Fest steht hier also nur, dass im Bundesfinanzministerium verschiedene Szenarien diskutiert wurden. Wirkliche Gespräche mit der Absicht am Ende einen Zusammenschluss von Deutsche Bank und Commerzbank zu erreichen haben jedoch bisher nicht stattgefunden.
Viel Hoffnung, wenig Handfestes
Am Ende bleibt somit nur die Erkenntnis: Der Anstieg gestern fußt nicht auf einem soliden Fundament. Weder lassen die guten Zahlen von Banken aus Übersee Rückschlüsse auf die Ergebnisse der Deutschen Bank zu – und falls doch, dann mit negativer Tendenz (Stichwort: Anleihehandel), noch enthalten die neuesten Berichte über eine mögliche Fusion der Deutschen Bank mit der Commerzbank (oder einer europäischen Bank) wirklich neue Informationen. Vielmehr ist es so, dass der Anstieg um über acht Prozent aus einer Euphoriewelle entstanden ist, die jederzeit wieder abebben kann. Lichtblicke bieten derweil (nur) die Aussagen von Sewing sowie die neuerdings bessere technische Verfassung der Aktie. Nicht nur der kurzfristige Abwärtstrend wurde aufgelöst, auch hat die Aktie die 38-Tage-Linie erfolgreich überwunden. Bleiben also größere Gewinnmitnahmen aus, könnte sich die Erholung tatsächlich noch einige Zeit fortsetzen.
Dieser Beitrag ist dem heutigen Börsen.Briefing. entnommen – dem neuen täglichen Newsletter des Anlegermagazins DER AKTIONÄR. Registrieren Sie sich jetzt kostenfrei für das Börsen.Briefing. und starten Sie täglich bestens informiert in den Handelstag.
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