Der Chemieriese Covestro legt am nächsten Dienstag seine Zahlen für das zweite Quartal vor. Die aktuelle Schwäche der Bauwirtschaft sowie die Zurückhaltung vieler Menschen beim Kauf von Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräten und Möbeln dürfte den DAX-Konzern zwischen Anfang April und Ende Juni belastet haben.
Schwächeln diese Bereiche lahmt auch die Nachfrage nach den Hart- und Weichschaumvorprodukten des Unternehmens, die zu Dämmmaterial, Polstern und ähnlichem verarbeitet werden. Und auch harte Kunststoffe, Polycarbonate, etwa für Laptop- und Smartphone-Gehäuse sind dann weniger gefragt.
Um gegenzusteuern, trat Konzernchef Markus Steilemann auf die Kostenbremse. Vor allem daher hatte das Unternehmen sich im ersten Quartal zumindest gewinnseitig besser behauptet als erwartet.
Steilemann war denn auch Ende April optimistischer für 2023 geworden und stellt seither mit 1,1 bis 1,6 Milliarden Euro einen im besten Fall stabilen Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) in Aussicht. Der operative freie Mittelfluss - also das Geld, was im Tagesgeschäft letztlich bei Covestro hängen bleibt oder abfließt - dürfte demnach zwischen Null und einer halben Milliarde Euro Plus herauskommen, nach 138 Millionen Euro positivem Cashflow im vergangenen Jahr.
Anders als bei anderen Chemiekonzernen wie Lanxess und Evonik, die in den vergangenen Wochen pessimistischer wurden, hielt die Führung von Covestro zumindest bis dato an dem Ausblick fest. Ein Stück weit Rückenwind liefern dabei wohl auch gesunkene Rohstoff- und Energiekosten, wenngleich letztere in Deutschland im internationalen Vergleich weiterhin sehr hoch sind.
Für das zweite Quartal erwartet Covestro einen operativen Gewinn von 330 bis 430 Millionen Euro, was zwar ein deutlicher Rückgang zur Vorjahresperiode wäre, aber eine Verbesserung gegenüber dem Vorquartal.
Ein Stück weit überlagert wird die Geschäftsentwicklung derweil von Übernahmefantasie. So soll der staatliche Ölkonzern Abu Dhabi National Oil (Adnoc) ein Auge auf den Kunststoffkonzern geworfen haben. Es habe bereits erste Gespräche mit Covestro-Vertretern in Leverkusen gegeben, hatte die Nachrichtenagentur Bloomberg im Juni unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen geschrieben. Die damals gebotenen 55 Euro je Aktie wurden mittlerweile auf 57 Euro aufgestockt, hieß es dann von Bloomberg Mitte Juli.
Sollte Covestro die Verhandlungen mit Adnoc aufnehmen, könnte es den Insidern zufolge Spielraum für weitere Erhöhungen des Angebots geben. Noch sei aber offen, ob und wie der Chemiekonzern auf den Vorschlag reagieren werde. Unter anderem soll das Covestro-Management Bedenken haben, ob es von Vorteil wäre, das Spezialchemie-Geschäft auszubauen.
Aus charttechnischer Sicht bleibt die Covestro-Aktie weiterhin attraktiv. Und auch fundamental betrachtet hat der DAX-Konzern noch Luft nach oben, wie das Übernahmeangebot von Adnoc (welches vom Covestro-Vorstand als zu niedrig abgelehnt wurde), gezeigt hat. Die Position sollte nach wie vor mit einem Stopp bei 36,00 Euro abgesichert werden.
Mit Material von dpa-AFX