Beim Softwarespezialisten Cor&FJA überschlagen sich die guten Nachrichten: Nach der Meldung der Beteiligung an der Plenum AG meldete die Firma auch einen Auftrag aus den Niederlanden. Firmenchef Ulrich Wörner verrät im Interview mit dem AKTIONÄR, ob weitere Neuaufträge 2011 zu erwarten sind und was von der Beteiligung an Plenum zu halten ist.
Der größte deutsche Entwickler für Finanzsoftware, die Stuttgarter COR&FJA AG, plant für das laufende Jahr eine knappe Verdopplung im Vorsteuer-Ergebnis: 2010 lag das bereinigte Vorsteuerergebnis nach vorläufigen Zahlen bei circa 4,8 Millionen Euro, Firmenchef Ulrich Wörner geht im laufenden Jahr von einem EBT von 9,2 Millionen Euro aus. DER AKTIONÄR wollte von CEO Wörner wissen, woher die Zuversicht für das laufende Jahr kommt und welchen Vorteil die jüngste Beteiligung an der Plenum AG bringt.
DER AKTIONÄR: Herr Wörner, der geplante Umsatz des Jahres 2010 mit 118 Millionen Euro liegt nur unwesentlich über dem pro-Forma-Niveau des Vorjahres. Das angestrebte Vorsteuer-Ergebnis in Höhe von acht Millionen Euro ist durch einen außerordentlichen Ertrag aus der Beteiligung an der B+S Banksysteme Aktiengesellschaft mit plus 3,2 Millionen Euro aufgebessert. Können Sie mit dem Jahr 2010 wirklich zufrieden sein?
Das Engagement bei der Plenum AG kommt etwas überraschend, nachdem COR&FJA noch vor einem Jahr die Bestände bei Plenum eher abgebaut hat. Was sind die Motive für das fast 30-Prozent-Engagement?
Der Anteilserwerb bietet beiden Unternehmen strategische Vorteile: Wir als COR&FJA erweitern unser Portfolio um das umfangreiche Prozess- und IT Management-Know-how der plenum AG, das zukünftig bei der Umsetzung von Produkten mit serviceorientierten Architekturen (SOA) unabdingbar wird. Und die internationale Ausrichtung unseres Unternehmens in der Finanzdienstleistungsbranche ermöglicht wiederum der plenum weitere Marktzugänge für potentielle Beratungsprojekte in anderen Regionen und weitere Kunden aus der Finanzdienstleistungsbranche. Insofern stellt diese strategische Partnerschaft für beide Unternehmen eine hervorragende Basis zur Verbesserung ihrer Wettbewerbsposition in den heutigen Märkten dar.
COR&FJA hat im vergangenen Jahr fast 30 neue Kunden gewonnen, ohne stark in die Öffentlichkeit zu treten - mit Ausnahme das Akquisitionserfolges bei der Mitsubishi Autobank. Waren die Aufträge jeweils so klein oder steckt dahinter eine gewisse Strategie?
Wir haben in einem verhaltenen Marktumfeld etliche vertriebliche Erfolge verzeichnen können und dies auch entsprechend am Kapitalmarkt kommuniziert: Veröffentlicht wurden Ad-hoc-Meldungen zur Beteiligung an der B+S sowie zum Großauftrag der Zusatzversorgungskassen. Daneben erschienen Pressemitteilungen zu den wesentlichen Neukunden Vienna-Life, MCE Bank, Münchener Verein und DekaBank. Wenn wir darüber hinaus für kleinere Module Neukunden gewinnen konnten, beispielsweise sieben Neukunden für die COR.FJA Zulagenverwaltung und 20 für COR.FJA Tax.Connect, dann reicht unserer Ansicht nach die Bekanntgabe in den Quartalsfinanzberichten bzw. im Jahresabschluss aus. Wir wollen den Markt nicht mit Meldungen überschwemmen, sondern grundsätzlich immer nachhaltig informieren.
Sie haben in den Jahren 2008-2010 im Sachversicherungsbereich 4.500 Entwicklungstage investiert. Was steht dem für ein kompletter monetärer Aufwand gegenüber und wann wird sich dieser Aufwand positiv auf die Ertragslage auswirken?
Die Kapazitäten, die wir hier für die Weiterentwicklung unserer Sachversicherungslösung binden, erwirtschaften in dieser Zeit keinen Umsatz. Gemessen an den in diesem Markt erzielbaren Tagessätzen und unter Berücksichtigung der Quote, mit der diese Leistungen abrechenbar sind, entsteht uns so ein Umsatzausfall von rund 3,6 Millionen Euro.
So wie es im Lebensversicherungs- wie auch im Bankensektor bereits heute ist, rechnen wir zukünftig jedoch mit einer deutlich höheren Rendite auf die getätigten Investitionen aus dem Produktgeschäft, zumal uns die Kapazitäten nach Abschluss der Entwicklung auch umsatzseitig wieder zur Verfügung stehen.
Im Rahmen Ihrer Prognose für das laufende Jahr haben Sie herausgestellt, dass sich die 50 größten europäischen Versicherungen immer mehr außenstehender Dienstleister bedienen werden. Wie stark profitiert COR&FJA von diesem Trend?
Die großen Lebens- und Sachversicherungen betreiben hinsichtlich ihrer IT momentan noch fast ausschließlich Eigenentwicklungen. Doch das ändert sich, weil regulatorische Anforderungen und neue, innovative Produkte in den IT-Landschaften abgebildet werden müssen. Deshalb statten wir in unserem Segment Insurance die COR.FJA Life Factory mit einer modernen serviceorientierten Architektur auf Basis Java JEE aus. Damit wird sie insbesondere für große Kunden aus den Top Ten der Lebensversicherer interessant. Parallel bauen wir unsere neue Sachversicherungslösung COR.FJA P&C weiter aus, weil wir auch im Sachversicherungsmarkt ein riesiges, brachliegendes Potential sehen.
Im Lebensversicherungsbereich investieren Sie schon wieder 4.000 Entwicklungstage in neue Produkte. Ist der Wandel in dieser Branche so dynamisch?
In der Tat ist der Wandel in der Branche gewaltig: Im Nachgang zu der Wirtschafts- und Finanzkrise sind neue regulatorische Anforderungen für die Versicherungsunternehmen hinzugekommen. Und die Branche befindet sich in einer anhaltenden Niedrigzinsphase, was dazu führt, dass neue kapitalmarktnahe Produkte auf den Markt gebracht werden müssen. Diese neuen Produkte lassen sich in den bisherigen Systemen unserer Kunden nicht abbilden. Um hier auch weiterhin jeweils ein State-of-the-Art-Angebot im Markt anbieten können, halten wir solche Investitionen für unabdingbar.
Woran liegt es, dass COR&FJA bei den Autobanken in Deutschland eine marktführende Position einnimmt?
Wir stellen im Rahmen unserer COR.FJA Banking Suite auch das führende Kernbankensystem für klassische Absatzfinanzierer, wie zum Beispiel Autobanken, zu Verfügung. Und da alle unsere bisherigen Projekte bei Autobanken, darunter die BMW Bank oder eben jetzt auch die MCE Bank, überaus erfolgreich laufen, wird der Markt automatisch auf uns aufmerksam.
Die fusionierte COR&FJA will in 2011 im Vertriebs- und Verwaltungsbereich in Deutschland gegenüber 2010 circa 1,5 Millionen Euro einsparen. Kann man davon ausgehen, dass sich dieser Betrag auch vollständig in der GuV widerspiegelt?
Ja. Diese Ergebnisverbesserungen resultieren nicht aus der Verschiebung von Kapazitäten und den entsprechenden Kosten. Bei diesen Einsparmassnahmen handelt es sich tatsächlich um den Abbau interner Stellen, externer Dienstleistungen sowie die Rückführung der bislang jährlich vorgenommenen Investitionen.
Wenn man das Jahr 2010 anschaut, dann können die Aktionäre mit der Fusion von COR und FJA nicht zufrieden sein - oder war die zurückhaltende Geschäftsentwicklung nicht so sehr der Verschmelzung geschuldet, sondern der allgemeinen Marktzurückhaltung?
Wie bereits ausgeführt, lag die Geschäftsentwicklung 2010 etwas unter unseren Erwartungen, sie war aber dennoch grundsätzlich in Ordnung. Womit wir aber in der Tat nicht zufrieden sein können, das ist die Entwicklung des Aktienkurses. Hier haben wir noch nicht deutlich genug darstellen können, wie sich das Unternehmen in den kommenden Jahren entwickeln wird. Wir denken aber, dass wir in diesem Kontext mit unseren positiven Planzahlen für 2011 einen großen Schritt nach vorne machen. Wir sehen den fairen Kurs unserer Aktie, wie alle Analysten in unserem Umfeld, bereits kurzfristig bei deutlich über zwei Euro.
Wann erwarten Sie, dass der Knoten platzt und die neue COR&FJA wieder so gut Aufträge an Land ziehen kann wie in den Jahren 2006-2008?
Wir erwarten bereits im laufenden Geschäftsjahr 2011 die Gewinnung von größeren Neuaufträgen.
Herr Wörner, vielen Dank für das Interview.